Davon finden wir hier nichts. Und doch ist uns das
menschliche Bild des Matthäus durch diese
wenigen Reihen deutlicher geworden, als es durch
weit ausholende Schilderungen möglich gewesen wäre.
Wir sehen Matthäus als Zöllner in einem Beruf,
der von der Not der Aermsten lebt. Das römische
Zollpächtersystem war nun einmal, wenn der Zöllner
sein Brot finden wollte, auf Druck und Erpressung
gestellt. Bestimmt hat nun Matthäus hier an der
Straße, die von Kapernaum an den See Genezareth
führte, nicht nur den Heiland oft gesehen, sondern
auch gehört. Wie ist es ihm da ins Gewissen gefah—
ren, wenn er hörte: „Ihr sollt euch nicht Schätze
sammeln, die die Motten und der Rost fressen! Was
hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt
gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele“.
Und immer, wenn der Heiland wieder an seinem
Zollhaus vorüberschritt, fiel es ihm auf die Seele,
wie sündig sein Tagewerk sei. Ganz mit seinem Be—
ruf zerfallen, fehlte es nur noch an einem Anstoß.
Wie fühlt sich da Matthäus in seinen tiefsten Gedan—
ken überrascht und verstanden, als nun in unserer
Geschichte der Heiland wieder an seinem Zollhaus
vorbeikommt und ihm das befreiende Wort zuruft:
Folge mir! Wir spüren, wie da auf einmal der
lastende Druck von dem Herzen des Matthäus weicht,
und wie er deshalb so rasch entschlossen aufsteht und
in die Nachfolge Jesu tritt.
Und nun verstehen wir auch, weshalb Matthäus
seine eigene Lebensbeschreibung in diese knappe Form
bringen konnte. Alles, was er sonst erlebt, versinkt
ihm eben in nichts gegenüber dieser wunderbaren
Begegnung, die ihm die Entscheidung gebracht
hat für das ganze Leben. Dem Heiland, der ihn rief,
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