Full text: Folge mir nach

die nach Golgatha führt. Wie er sich Ereignisse, bei 
denen er einmal nicht zugegen war, eilfertig von 
den anderen Jüngern hat berichten lassen, damit 
seinem Evangelium ja nichts fehlen möchte. Und 
wie er darin nun, wohl etwas kritiklos, alle die 
wunderbaren Geschehnisse aufgereiht hat wie Perlen 
auf einer goldenen Schnur. Gewiß ist deshalb auch 
wohl sein Evangelium so umfangreich geworden: mit 
seinen 28 Kapiteln, das umfangreichste von allen. 
Man muß es sich deutlich vorstellen, wie dieser Jün— 
ger Matthäus abends noch einmal in der Herberge 
andachtsvoll sein Tagewerk überschaut und durchdacht 
und dann mit seinem feinen Stift beim flackernden 
Dellicht aufgezeichnet hat! 
Fragen wir den Mann, der diese fleißige Feder 
führte, nach seiner eigenen Lebensgeschichte, 
— er antwortet uns nur mit diesen schlichten Versen: 
„Da Jesus von dannen ging, sah er einen Menschen 
am Zoll sitzen, der hieß Matthäus; und er sprach 
zu ihm: Folge mir! Und er stund auf und folgte 
ihm.“ Wie groß muß dieser heilige Schriftsteller 
von seinem Heiland, wie gering von sich gedacht 
haben, wenn er in der umfangreichen Lebensbeschrei— 
bung, die er seinem Meister widmet, von sich nur 
diese Zeilen geschrieben hat. Man durchblättere ein— 
mal die Literatur, die sich sonst wohl mit bedeu— 
tenden Männern, mit Dichtern, Musikern, Malern, 
Staatsmännern und Feldherrn beschäftigt — wie 
haben da vielfach die Biographen so gern die 
Gelegenheit benutzt, sich selbst zu bespiegeln und 
ihre Mitarbeit ins Licht zu rücken. Wie haben sie 
so selbstgefällig betont, welchen starken Anteil sie 
durch Urteil und Rat an der Lebensleistung eines 
Großen hatven. 
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