geworden. Und dieses unscheinbare Bethlehem ist
Hauptstadt der Welt geblieben fast zwei Jahrtausende
hindurch bis auf diese Stunde. Kaiser und Könige
haben in allen Jahrhunderten huldigend ihre Kronen
niedergelegt vor dem Kindlein in der Krippen. Von
hier aus erfolgte jede gesunde, politische Neuorien⸗
tierung der Völker, hier leuchtete menschenbeglückend
das Licht der sozialen Liebe auf, hier begann wahr⸗
haft „das Jahrhundert des Kindes“, hier brach das
goldene Zeitalter, der ewige Frühling der Künste
auf in Baukunst und Plastik, in Dichtung, Malerei
und Musik. Alle, alle, sind sie in mehrtausend⸗
jähriger Geschichte den gleichen Weg geschritten, den
Weg nach Bethlehem: Fürsten und VBölker, Männer
und Fprauen, Zünglinge und Jungmädchen, Greise
und Kinder, hoch und niedrig, arm und reich, gebil⸗
det und ungebildet, Weise und Einfältige, Kranke
und Gesunde, Bauern und Bürger, Handwerker und
Arbeiter, Hanseaten und Krämer, Dichter und Den—⸗
ker! Auf dieser Straße haben sie alle die Arme
ausgestreckk und frische Lebensluft eingeatmet:
Augustinus und Franziskus, Dante und Raffael,
Erwin von Steinbach und Dürer, Luther und Bis—
marck, Bach und Beethoven, Goethe und Kant.....
Und in jedem Advent ordnet sich alljährlich aufs
neue wieder in Stadt und Land der Festzug
nach Bethlehem. Jetzt erlebten wir es alle
wieder in diesen geheimnisvollen Wochen und in
diesen letzten Tagen vor Heiligabend. Spürten wir
die Vorbereitungen zu diesem Pilgerzug nach Beth⸗
lehem nicht auch in unserer Schulgemeinschaft, wenn
da morgens der Unterricht beim traulichen Kerzen⸗
licht der Adventskränzchen mit all den alten, ehr—
würdigen Pilgerliedern aufklang: Wie soll ich Dich
20