deshalb einmal vergegenwärtigen in dieser feier—
lichen Morgenstunde. Unsere Maler haben es immer
gern gemalt, das Bild dieses hingebungsvollen Jün—
gers, ein Lionardo da Vinei so seelen- und gemüt—
voll, an Jesu Seite sitzend beim letzten Abendmahl,
ein Albrecht Dürer so mystisch vertieft nach Innen
schauend in seinem berühmten Vier-Apostelbild.
Johannes gehört ja mit zu dem engsten, vertrau—
testen Kreis der Heilandjünger. Sohn des Fischers
Zebedäus und der Salome aus Bethsaida am Gali—
läischen Meer, stand er mit seinem Bruder Jakobus
im Dienst des ernsten Bußpredigers am Jordan, Jo—
hannes des Täufers. Und hier erlebte er eine wun—
derbare Stunde. In Hoheit und Würde schreitet auf
einmal die Lichtgestalt des Heilands an ihm vorbei.
Der Täufer erkennt sofort: Er muß zunehmen, ich
muß abnehmen, und so weist er seinen Jüngern mit
der Hand: Siehe, das ist Gottes Lamm, das der
Welt Sünden trägt. Und Johannes und Jalobus
folgen dem Heiland: „Wo bist Du zur Herberge?“
Der Heiland nimmt sie mit. Eine geheimnisvolle
Stunde, eine tiefe, auf das Letzte und Höchste
gehende Aussprache — wir wissen nicht, was da
gesagt worden ist, aber eins wissen wir: daß sich
der Heiland die beiden verband für alle Ewigkeit.
Nun ist Johannes bei dem Heiland am See Gene—
zareth bei dem wunderbaren Fischzug, so steht er
bei ihm bei der Hochzeit zu Kana, so folgt er dem
Wundertäter zu den Armen und Irrenden bei Pre—
digt und rettender Tat. Hingezogen durch das gol—
dene Band einer magischen Seelenverwandtschaft ruht
er an seiner Brust beim letzten Abendmahl. Er ist
unter den drei erwählten Jüngern beim Seelen—
kampf im Garten Gethsemane. Als einziger Jünger
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