Stelle: „Es begab sich zu der Zeit, daß alle Welt
geschätzet wurde“ — da haben wir das Gefühl,
als weilten wir bei Lukas in einem hohen Dom,
und die Glocken erhöben mitternächtig ihre Stimmen,
und alle Weihnachtsglocken der Welt antworteten
in ihrer herzandringlichen Sprache: „Ehre sei Gott
in der Höhe und Frieden auf Erden!“
Und so geht es bei Lukas dann weiter durch den
Paradiesesgarten der Kindheit des holdesten Kindes,
das je mit seinen rosigen Füßen heimlicherweise
dieses Erdenland betreten hat. Der greise Simeon
erfüllt im Tempel in der Anbetung und Huldigung
des heiligen Christs sein sehnsuchtsvolles Leben.
Jetzt wird es freilich ein wenig dunkel um Jesu
Kindheitsgeschichte. Ueber seine frühesten Jahre im
schlichten Zimmermannshause Josefs von Nazareth
hat auch die Quellenforschung eines Lukas kein Licht
zu werfen vermocht. Ueber diese stillen Tage deckt
die heilige Legende den filigranfeinen Schleier der
Dichtung. Aber dann bricht bei Lukas wieder ein
Lichtstrahl durch: unsere Geschichte vom zwölf—
jährigen Jesus im Tempel. Sie ist uns allen
vertraut aus Elternhaus und Schule seit Kinder—
tagen. Aber wir spüren heute auch wieder, wie un—
mittelbar sie sich gerade an Euch Kinder wendet,
die Ihr ja selbst mehr oder weniger in dem Alters—
kreis der Zwölfjährigen steht. Daß sich diese Ge—
schichte mit besonderer Betontheit an Eure jugend—
lichen Herzen wendet.
Liebe junge Freundinnen! Das gibt unserer Ge—
schichte den besonderen Nachdruck und den farben—
frohen Glanz, daß hier die beiden Lebensmächte, die
das Werden und den Aufstieg des Kindes bedingen
und bestimmen, einmal in ihrer natürlichen Ver—
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