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Am 28. früh 10 Uhr rückte das Regiment von Robertsau
durch das Fischertor mit klingendem Spiele in Straßburg ein
und marschierte nach dem Kleberplatze, wo die Gewehre zusammen⸗
gesetzt wurden. Ich wurde gleich zum Kommandanten, Generalmajor
v. Mertens abkommandiert. Am 1. Tage bekam ich den Auftrag,
die Tabaksbestände zu revidieren; am 2. die Kasernements in Bezug
auf Belegungsfähigkeit. Nur die kleine Austerlitzkaserne konnte
belegt werden. Am 3. Tage erhielt ich den Befehl, nach den fehlen—
den 8 Millionen Franken in der Bank zu forschen. Buchmäßig
sollten dort 10 Millonen vorhanden sein; aber nur 2 Millionen waren
abgeliefert worden.
Im Begriff, die Kommandantur mit den mir beigegebenen
Intendanturbeamten zu verlassen, sehe ich einen Herrn mit einer
eleganten, schönen, jungen Dame am Arm in den Vorhof derselben
eintreten. Ich bleibe stehen, das Paar auch. Der Herr frägt mich
nach dem Herrn Kommandanten. Was wollen Sie, erfolgte von mir.
— Ich habe einen Brief abzugeben. — Wer sind Sie? — Ich bin
der Sohn des Kassierers der Bank. — Ah, da kommen Sie gewiß
in der Millionenangelegenheit? Nein, erwidert er, davon weiß ich
nichts. — Darauf antwortete ich: Ich bin eben auf dem Wege zu
Ihrem Herrn Vater. Auf Befehl des Herrn Kommandanten werde
ich den Kassierer der Bank, wenn er die fehlenden acht Millionen
Franken nicht nachweist, verhaften und sofort nach Deutschland ab—
führen lassen. Gleich darauf erbleicht die schöne Französin; am
Körper zitternd lispelt sie: „Ich glaube, das Geld ist im Keller.“ Die
zärtliche Schwiegertochter hatte mir den Fund recht sehr erleichtert.
Sofort wird die Bank gegenüber der Hauptwache, auf dem
Broglieplatze, mit 1 Offizier und 12 Mann der Gardelandwehr
division besetzt.
Der Kassierer erscheint. Das Verfahren mit ihm ist kurz. Ich
sage ihm auf den Kopf zu, daß die 8 Millionen im Keller liegen,
und daß ich ihn sofort verhafte, wenn er das Versteck nicht zeige.
Dies wirkt. Der Kassierer führt uns in ein hinteres Kontor; er
öffnet in derselben eine Tür, wir steigen etwa 15 steinerne Stufen
hinab und befinden uns vor einer frischen Mauer. Diese ist von
2 Riesen bald niedergelegt. Wir stehen vor einer eisernen Tür mit
2 Schlössern. Die Schlüssel fehlen. Der Kassierer will nicht wissen,
wo sie sind. Auf die erneute Drohung mit Verhaftung werden sie
herzugebracht. Es wird geöffnet. Wir treten in einen großen Keller,
an dessen vier Wänden Säcke mit dem Mammon etwanb Fuß auf—
gestapelt sind; darauf eine Kassette mit Wertpapieren und 3 Na—
poleon d'or. So hatte ich meinen Auftrag erfüllt und es erfolgte
von mir eine schriftliche Meldung an den Herrn Kommandanten. Am
Abend floß der Sekt im „Roten Hause“. Am 3. Oktober trat ich
zum Regiment zurück, das an diesem Tage aus Straßburg
wieder ausrückte.