Barocke Runst in Saarbrücken
von Karl Lohmeyer.
Sie war doch ganz und gar nicht so lächerlich, wie man sie wohl gerne
hinzustellen pflegt, die Zeit der Kleinstaaten und ihrer Regenten im
18. Jahrhundert, jene Zeit, als Deutschland wie mit einem Netze von
kleinen Residenzen und damit Mittelpunkten der Kultur ihrer Um—
gebung überzogen war. Für die Kunst wenigstens zeigt es sich immer
mehr, daß diese Epoche einen Höhepunkt bedeutet, den Gipfel des
freudigsten Ineinanderschaffens aller Künste zu monumentalen Ge—
samtwirkungen. Ein solcher Mittelpunkt, von dem die Wirkungen
eines kulturgesättigten Zeitalters sich über die weitere Gegend hin im
18. Jahrhundert verbreiteten, war auch einst die Residenzstadt
Saarbrücken. *)
Im Jahre 1728 fiel durch das Aussterben der gräflichen Regen—
tenlinie von Saarbrücken-Ottweiler, der 1721 auch Idstein durch
Erbschaft zugefallen war, dieser gesamte Landkomplex an das fürst—
liche Haus in Usingen. Es war die tatkräftige Witwe des Fürsten
Wilhelm Heinrich von Usingen, Charlotte Amalie, eine Oranierin
aus dem Hause Dillenburg, die alsbald als Regentin von diesen
Ländern für ihre Söhne Besitz ergriff; sie nahm 1735 zwischen ihnen
eine Teilung der Erblande vor, bei der Karl alle jenseits des Rheins
liegenden nassauischen Länder, Wilhelm Heinrich (geb. 1718), der
jüngere, dagegen die diesseitigen erhielt.
Mit Wilhelm Heinrich (Abb. 1) kam im Saarbrückischen ein
Fürst zur Regierung, der die Klugheit und die tätige Umsicht des Ge—
schlechtes seiner Mutter, der Oranier, geerbt hatte, mit welchen Eigen—
schaften er noch einen überaus bemerkenswerten Kunstsinn verband.
Er ist im weitgehendsten Sinne ein Kulturträger der Lande ge—
worden, die die Saar durchströmt, und bis auf den heutigen Tag
trägt die von ihm ausgeworfene Saat ihre reichsten Früchte.
*) Ich stütze mich bei dieser kleinen Zusammenstellung ganz auf meine
Veröffentlichungen: „Friedrich Joachim Stengel“. Mitt. d. Hist. Vereins
f. d. Saargegend Heft XI. Düsseldorf 1911, Verlag von L. Schwann und
vor allem auf die Arbeit über „Die Kunst in Saarbrücken“. Mitt. des
rhein. Vereins f. Denkmalpflege u. Heimatschutz. 6. Jahrg. Heft 1. 1912.
Düsseldorf bei L. Schwann, von der diese Zusammenstellung zum Teil nur
einen Auszug darstellt.