Burbacherhütte erzeugte 1905 rund 300000 t und die ihr gehörige Hälfte von Esch rund 60000 t
davon. Ihre Roheisenerzeugung von 360000 t stellte also rund ein Dreissigstel der deutschen Roh-
eisenerzeugung überhaupt dar. Eine ähnliche Rolle spielte ihre Stahlerzeugung. Ihre Hauptbedeu-
tung aber lag nicht auf dem Gebiete der Roheisenerzeugung, sondern auf der Herstellung von Fer-
Hgerzeugnissen aus Stahl, mit denen sie fast ein Zwanzigstel der- deutschen Erzeugung erreichte.
Auf der Verarbeitung des Stahles beruhte auch im wesentlichen ihre grosse Bedeutung als Arbeit-
yeberin. Mit ein paar hundert Hüttenleuten 1856 begründet, hatte sie, trotzdem sie unausgesetzt
Menschenkraft durch Maschinenkraft zu ersetzen strebte und ersetzte, in 50 Jahren eine Entwicklung
zenommen, dass sie 1906 auf der Hütte selbst 4440 Hüttenleute beschäftigte, welche über 12000
Angehörige besassen, so dass sie allein in Burbach 16000 Menschen ernährte. Dazu kamen 160
üttenleute und 160 Bergleute in Halb-Esch, und 600 Bergleute auf ihren sonstigen Gruben. Was
ihre Warenerzeugung im Wirtschaftsleben des deutschen Volkes bedeutete, das bedeutete ihre Tätig-
keit als Arbeitgeberin in seinem gesellschaftlichen Dasein: eine Quelle des Gedeihens und des wirt.
schaftlichen Wohlergehens für viele Tausende deutscher Söhne.
In fünfzig Jahren fast ununterbrochenen Aufsteigens ist die Burbacherhütte eines der grössten
und bedeutendsten Eisenwerke der deutschen Industrie geworden. Ihre Entwicklungsgeschichte ist
auf das engste verknüpft mit den wirtschaftlichen Schicksalen des deutschen Volkes und des Deutschen
Reiches, in denen sie selbst ein bedeutsamer Faktor geworden ist. Sie darf auf eine finanzielle Blüte
schauen, wie sie nur eine auserlesene kleine Gruppe deutscher Hüttenwerke jemals erreicht hat.
Ihre Warenerzeugung nimmt auf dem Weltmarkte eine hochgeschätzte Stellung ein, und die sozialen
Wirkungen ihres Schaffens erstrecken sich über viele Flächenmeilen und auf mehr als 20000 Men-
schen. Wenn aber etwas an ihr gross ist, dann ist es der Umstand, dass diese fünfzigjährige
Entwicklung nicht vermocht hat, die Entwicklungsmöglichkeiten zu erschöpfen, welche in ihrer Wiege
agen, sondern dass sie auch noch nach fünfzigjähriıgem Bestehen ein weites Feld der Ent-
wicklung vor sich sieht. Die Grundlage, auf die sie einst gestellt wurde: der Zollschutz
les deutschen Zollgebietes, ist ihr seit 1879 unverändert erhalten worden. Die Kohlen-
gewinnung an der Saar, auf die sie angewiesen war, hat zwar nicht immer das gehalten,
was von ihr erwartet wurde, und hat durch das knappe Mass von Fettkohle, das sie bot, eine freie
Entwicklung der Saarhütten verhindert, während die niederrheinisch-westfälische Hüttenindustrie auf
grösserer Kohlengrundlage eine wesentlich freiere Entwicklung nehmen konnte. Aber die Gewinnung
Elsass-Lothringens 1871 und die Entdeckung des Thomasverfahrens 1878 haben ihr zehnfach das
ersetzt, was sie von alten Entwicklungsbedingungen etwa im Laufe der Jahrzehnte eingebüsst hatte,
Fern den Erzlagern geschaffen, auf die sie angewiesen war, verdankt sie einen grossen Teil ihrer
Entwicklung dem Ausbau des deutschen Eisenbahnwesens. Aber es ist ein seltsames Spiel des Ge-
schickes, dass der nächste grosse wirtschaftliche Wurf, welcher ihrer Eisen- und Stahlerzeugung
neuen Schwung geben muss, wieder auf dem Wasser liegt, das ihr einstmals die ersten Erzfrächten
zuführte, Die Kanalisierung der Mosel von Metz bis Koblenz und der Saar von Brebach bis Konz
für Sechshunderttonnnenschiffe muss zwischen dem Minettegebiete an der Mosel und der Ver-
hüttungsstätte an der Saar eine Wasserstrasse schaffen, welche der Schienenstrasse in mehr als
einer Hinsicht überlegen ist, und zugleich einen neuen mächtigen Absatzweg zum Rheine und zum
Meere, Halten die neuen Fettkohlenaufschlüsse des staatlichen Saarkohlenbergbaues das, was sie
versprechen, entspringen ihnen jährlich neue Hunderttausende von Tonnen Fettkohlen und schafft
dald der Wasserweg das ersehnte natürliche Band zwischen Hütte und Grube, dann dürfte die Ent-
wicklung der Burbacherhütte im zweiten halben Jahrhundert diejenige des ersten halben Jahrhunderts
ıoch weit hinter sich lassen.