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schwere Niederlage bringen konnte; dann auch im ieerhe des
gesamten Wirtschaftslebens im Saargebiet und besonders im Interesse des
Saarbergbaues. Ein umfangreicher Streik hätte diesem schwere Wunden
zeschlagen. Der Verlust der Absatzgebiete würde die Rentabilität des Saar—
hergbaues auf Jahre hinaus in Frage gestellt haben.“
Welche Wendung! Es möge sich der geneigte Leser selbst ein
Urteil bilden über das hier gekennzeichnete Verhalten der „Köln.
Volksztg.“. Wir müssen es verurteilen, Streiklust durch Zeitungsartikel
zu wecken und zu nähren, wenn man den Streik nicht befürworten will,
oder zu Streikdrohungen die Arbeiter zu reizen, wenn man es nicht
gn Zwreit kommen lassen will; das ist ein gefährliches Spiel mit der
Volksseele.
5. Auffallend ist der Artikel der „Köln. Volksztg.“ Nr. 1106 vom
17. Dezember 1912: „Sitz Berlin erklärt sich gegen den Streik“, worin
übher den Malstatter Delegiertentag der Berliner vom 15. Dezember
1912 berichtet wrd. Der Leser fühlt sofort aus dem—
selben die verachtende Voreingenommenheit des
Berichterstattersgegendie Berliner; diese fällt für die
Tendenz des Artikels um so mehr in die Wagschale, als der Bericht—
erstatter bezweifelt, ob er über die Rede des Abgeordneten Koßmann
enihd unterrichtet sei, indem er bemerkt: „Der in der genannten
Zeitung („Saarbr. Volksztg.“) veröffentlichte Bericht erscheint wenig
authentisch.“ Wozu aber werden dann doch einzelne Brocken aus dem
Zusammenhang herausgerissen gebracht, wenn man nichts Sicheres zu
wissen glaubte? Gerade diese Rede des Abgeordneten Koßmann in
Malstatt am 15. Dezember 1912 (siehe S. 23) ist für die Beurteilung
der Haltung der Berliner in der damaligen Bergarbeiterbewegung sehr
wichtig, weil darin eingehend die schwerwiegenden Gründe dargelegt
sind, wegen deren es ratsam war, bezüglich des Streiks eine abwartende
Haltung einzunehmen. Der Bericht der „Köln. Volksztg.“ darüber ist
sehr dürftig. Dadurch, daß die Gründe der Berliner für die Ablehnung
des Streiks — abgesehen von der kurzen Erwähnung in der Resolution
— nicht genug hervorgehoben werden, ist die katholische Organisation
in der Oeffentlichkeit in falsches Licht gestellt. Dieser Artikel
der „Köln. Volksztg.“hat ohne Zweifel das Gepräge
einseitiger Berichterstattung. Die „Köln. Volksztg.“ ent—
schuldigt sich in einem Briefe damit, ihr Berichterstatter habe zum Mal—
statter Delegiertentag keinen Zutritt gehabt. Es ist in der „Neunk. Ztg.“
bom 17. Dezember 1912 über den Malstatter Velegiertentag ein ein—
gehender Bericht erschienen, welcher der „Köln. Volksztg.“ hätte dienen
können, falls sie auf objektive Darstellung in so wichtiger Sache Wert
gelegt hätte. Außerdem hätte sie, wie es sonst geschieht, bei einem Ber⸗
liner Delegierten einen Bericht bestellen können. Die „Köln. Volksztg.“
wird doch wohl nicht der Meinung sein, daß ein Bericht über einen
Berliner Delegiertentag, um objektiv zu sein, nach den Ansichten der
christlichen Gewerkschaften zugeschnitten sein müsse