Full text: Memorandum zur Bergarbeiterstreikbewegung im Saarrevier 1912 - 13

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ihr sogar die Existenzberechtigung)estrittig macht, 
wie aus Artikeln von Zeitungen und besonders aus einem Briefe der 
„Köln. Volksztg.“ hervorgeht, kann und darf es im Saar— 
revier Frieden in der Gewerkschaftsfrage nicht 
geben. Ein Frieden auf Kosten der Wahrheit der katholischen Grund— 
sätze wäre höchst verderblich für das ganze Saarrevier. 
3. 
Die „Köln. Volksztg.“ schlägt in einem Artikel (Nr. 756 vom 
25. Januar 1913) „Maßhalten“ Töne an, die, genau geprüft, har— 
monisch klingen mit den Artikeln des „Bergknappen“. Der betr. Passus 
des Artikels sei hier wiedergegeben: 
In sachlicher Beziehung wäre im allgemeinen noch folgendes zu 
bemerken: 
Der Bischof hat das unbestreitbare Recht, unter Umständen die unab— 
weisbare Pflicht, zu wirtschaftlichen Fragen in seinem Sprengel Stellung zu 
nehmen, wenn dabei religiös-sittliche Gesichtspunkte in Frage kommen und 
soweit solche in Frage kommen. Naturgemäß wird er nur in wichtigeren 
Fällen eingreifen. Von selbst versteht es sich dabei, daß die Aufgabe der kirch— 
lichen Autorität, religiös-sittliche Gesichtspunkte einzuschärfen bzw. die Ge— 
fährdung religiös-sittlicher Interessen zu verhindern ebenso sehr den sozial— 
potenteren Kreisen und Schichten gegenüber vorhanden ist, wie gegenüber den 
minder potenten. Soweit also bei einem Lohnkampfe von größerer Bedeutung 
etwa der Bischof den beteiligten Katholiken gegenüber unter dem angeführten 
Gesichtspunkte seine Autorität geltend macht, kann und wird es je nachdem 
ebensowohl einer Aussperrung durch Arbeitgeberverbände wie einem Aus— 
stande von Arbeiterorganisationen gegenüber geschehen. 
In rein wirtschaftlichen Fragen und soweit sie rein wirtschaftlich sind, 
wird der Bischof schon aus Gründen der Klugheit sich nicht einmischen, da er 
sonst Gefahr läuft, im Widerstreit der materiellen Interessen nach der einen 
oder der anderen Seite das Vertrauen einzubüßen, welches ihm für die 
Führung seines hohen geistlichen Amtes unerläßlich ist. So hat es der 
deutsche Episkopat in seiner Gesamtheit auch bisher 
immer gehalten. 
In der Angelegenheit der Bergarbeiterbewegung an der Saar, welche 
Weisesoz eine Angelegenheit von großer Bedeutung war, hat der hochw. 
Bischof von Trier das Schreiben an die Dechanten der betreffenden Bezirke 
erst erlassen, nachdem bindende Zusicherungen eines gewissen Entgegen— 
kommens von seiten der staatlichen Bergwerksverwaltung vorlagen. Zu der⸗ 
selben Zeit haben auch die ihrer Verantwortlichkeit bewußten Führer der 
hristlichen Gewerkschaften die Belegschaften dringend vor dem Ausstand 
ewarnt. Die Mahnungen des Bischofs und der Führer der Arbeiter bewegten 
* also in gleicher Richtung. Beiläufig bemerkt, hatte auch bereits die „Köl— 
nische Volkszeitung“, welche den Vorgängen an der Saar eine große Auf— 
merksamkeit gewidmet und sich durch Erkundigungen an Ort und Stelle 
Y Die Bezirksleitung des Gewerkvereins der Christlichen hat im 
Jahre 1912 vor der Knappschaftswahl ein Flugblatt herausgegeben, über— 
schrieben „Juf zur Wahl“. Darin heißt es: 
„Jede Stärkung der Berliner Bewegung bringt uns nur Nachteil. 
Gerade in den letzten Wochen haben wir wieder erleben können, daß alle 
Gegner der —3 von der Sozialdemokratie angefangen bis zu den 
Scharfmachern hinauf, sich über die Quertreibereien der Berliner königlich 
freuten“; ferner KKönnen wir auch keinen Berliner wählen, und zwar zunächst, 
weil er einer Organisation angehört, die auf wirtschaftlichem Gebiete in 
Deutschland keine Existenzberechtigung (!) hat. Durch das Hinein— 
tragen konfessioneller Fragen in eine rein wirtschaftliche Angelegenheit, wie es 
in der Gewerkschaftsfrage durch die Berliner Bewegung geschieht, hat man 
der Arbeiterschaft schon großen Schaden zugefügt.“
	        
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