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ihr sogar die Existenzberechtigung)estrittig macht,
wie aus Artikeln von Zeitungen und besonders aus einem Briefe der
„Köln. Volksztg.“ hervorgeht, kann und darf es im Saar—
revier Frieden in der Gewerkschaftsfrage nicht
geben. Ein Frieden auf Kosten der Wahrheit der katholischen Grund—
sätze wäre höchst verderblich für das ganze Saarrevier.
3.
Die „Köln. Volksztg.“ schlägt in einem Artikel (Nr. 756 vom
25. Januar 1913) „Maßhalten“ Töne an, die, genau geprüft, har—
monisch klingen mit den Artikeln des „Bergknappen“. Der betr. Passus
des Artikels sei hier wiedergegeben:
In sachlicher Beziehung wäre im allgemeinen noch folgendes zu
bemerken:
Der Bischof hat das unbestreitbare Recht, unter Umständen die unab—
weisbare Pflicht, zu wirtschaftlichen Fragen in seinem Sprengel Stellung zu
nehmen, wenn dabei religiös-sittliche Gesichtspunkte in Frage kommen und
soweit solche in Frage kommen. Naturgemäß wird er nur in wichtigeren
Fällen eingreifen. Von selbst versteht es sich dabei, daß die Aufgabe der kirch—
lichen Autorität, religiös-sittliche Gesichtspunkte einzuschärfen bzw. die Ge—
fährdung religiös-sittlicher Interessen zu verhindern ebenso sehr den sozial—
potenteren Kreisen und Schichten gegenüber vorhanden ist, wie gegenüber den
minder potenten. Soweit also bei einem Lohnkampfe von größerer Bedeutung
etwa der Bischof den beteiligten Katholiken gegenüber unter dem angeführten
Gesichtspunkte seine Autorität geltend macht, kann und wird es je nachdem
ebensowohl einer Aussperrung durch Arbeitgeberverbände wie einem Aus—
stande von Arbeiterorganisationen gegenüber geschehen.
In rein wirtschaftlichen Fragen und soweit sie rein wirtschaftlich sind,
wird der Bischof schon aus Gründen der Klugheit sich nicht einmischen, da er
sonst Gefahr läuft, im Widerstreit der materiellen Interessen nach der einen
oder der anderen Seite das Vertrauen einzubüßen, welches ihm für die
Führung seines hohen geistlichen Amtes unerläßlich ist. So hat es der
deutsche Episkopat in seiner Gesamtheit auch bisher
immer gehalten.
In der Angelegenheit der Bergarbeiterbewegung an der Saar, welche
Weisesoz eine Angelegenheit von großer Bedeutung war, hat der hochw.
Bischof von Trier das Schreiben an die Dechanten der betreffenden Bezirke
erst erlassen, nachdem bindende Zusicherungen eines gewissen Entgegen—
kommens von seiten der staatlichen Bergwerksverwaltung vorlagen. Zu der⸗
selben Zeit haben auch die ihrer Verantwortlichkeit bewußten Führer der
hristlichen Gewerkschaften die Belegschaften dringend vor dem Ausstand
ewarnt. Die Mahnungen des Bischofs und der Führer der Arbeiter bewegten
* also in gleicher Richtung. Beiläufig bemerkt, hatte auch bereits die „Köl—
nische Volkszeitung“, welche den Vorgängen an der Saar eine große Auf—
merksamkeit gewidmet und sich durch Erkundigungen an Ort und Stelle
Y Die Bezirksleitung des Gewerkvereins der Christlichen hat im
Jahre 1912 vor der Knappschaftswahl ein Flugblatt herausgegeben, über—
schrieben „Juf zur Wahl“. Darin heißt es:
„Jede Stärkung der Berliner Bewegung bringt uns nur Nachteil.
Gerade in den letzten Wochen haben wir wieder erleben können, daß alle
Gegner der —3 von der Sozialdemokratie angefangen bis zu den
Scharfmachern hinauf, sich über die Quertreibereien der Berliner königlich
freuten“; ferner KKönnen wir auch keinen Berliner wählen, und zwar zunächst,
weil er einer Organisation angehört, die auf wirtschaftlichem Gebiete in
Deutschland keine Existenzberechtigung (!) hat. Durch das Hinein—
tragen konfessioneller Fragen in eine rein wirtschaftliche Angelegenheit, wie es
in der Gewerkschaftsfrage durch die Berliner Bewegung geschieht, hat man
der Arbeiterschaft schon großen Schaden zugefügt.“