Full text: Das Saargebiet und die Französische Revolution

Menschlichkeit abhängt, dieses dem Schrecken seines Despoten zu 
entziehen“ *6). Es ist wohl kaum anzunehmen, daß man in Paris 
über den wahren Sachverhalt im Unklaren war. Denn der repu— 
blikanische Gesandte in Zweibrücken hielt die Pariser Zentrale 
fortwährend über das Derhalten und über die Stimmung der Be— 
völkerung im besetzten Gebiet auf dem Caufenden *e). Noch zwei 
Monate nach der Annexion mußte Blaux dem Wohlfahrtsausschuß 
berichten, die Bewohner der Dogtei herbitzheim wollten den Kom- 
missär töten, den er dorthin entsandte, um die Gemeinden zu 
munizipalisieren. Er habe sich gezwungen gesehen, fünfzig Mann 
dem Kommissär zu Hilfe zu schichen. Der Widerstand der Dogtei 
herbitzheim gegen die Franzosen erlaube ihm noch nicht, dieses 
Gebiet zum integrierenden Bestandteil der Republik zu machen »). 
NUNach langem Widerstande entschlossen sich auch Ciebrich und 
dessen Sohn, der Kepublik den Eid der Treue abzulegen. Die 
übrigen folgten ihrem Beispiel. Der Pfarrer schrieb hierüber in 
sein Tagebuch: „So mußte ich mich zu einem Schritt entschließen, 
den ich verabscheute. Ich fürchtete, daß meine gutgesinnten Pfarr- 
kinder Hergernis daran nehmen würden. Allein ich vernehme zu 
meiner Beruhigung, daß sie es als eine Schuldigkeit ansehen, dem 
Zwange nachzugeben, und als gefährlich, wenn ich von hier wäre 
fortgegangen“ *68). Es zeugt von der Gradheit und Ehrlichkeit dieses 
Mannes, daß er jetzt seine Mitbürger aufforderte: „Ein ehrlicher 
Mann soll nicht heucheln. Wer dem Fürsten treu war, soll es jetzt 
— weil es so sein muß — der Republik“ ?ce), Jedoch bis zum Herbste 
jenes Jahres liefen in Weilburg erschütternde Briefe“o) ein, in 
welchen die Anhänglichkeit an das angestammte JFürstenhaus und 
an das deutsche Mutterland ausgesprochen wurde. Es bezeichnet 
die Stimmung der Bewohner auch für das Jahr 1794, wenn in 
LCiebrichs Tagebuch die Worte zu finden sind: „Ach! seufzten 
einige, hätten wir die Konstitution unserer Vorfahren wieder 
zurück“ *21) 
Angesichts dieses eindeutig sprechenden Materials, das uns über 
die Dorgänge in der Grafschaft Saarwerden unterrichtet, ist es 
unbegreiflich, wie Babelon“) die Behauptung aufstellen kann, daß 
308) Vidall de Ia Bhache, a. a. O. S. 18. 
08) StA. Brief des franz. Außenministers v. 20. Nov. 1792 in Gagerns 
Bericht usw. 
267) Rec. Aulard Bd. J S. 548 u. Bd. VI S. 169. 
zas) Liebrichs Tagebuch, a. a. O. S. 143 
s360) a. a. O. S. 150. 
*70) StA. a. a. O. Vgl. z. B. Brief des Pfarrers Gent aus Keeskastel vom 
2. Jan. 17983. Brief Horstmanns v. 7. März 1793. Brief des Pfarrers Ohmer 
zu Eiweiler vom 26. Dez. 1793 usw. 
271) a. a. O. S. 160. Für den Widerstand der Bewohner in den folgenden 
Jahren vgl. Rec. Aulard Bd. IX S. 662 u. Bd. XII S. AJq]7 f. 
372 q. a. O. S. 163. 
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