Memoiren der Gräfin Luise von Ottweiler. 327
Nie hat einer meiner drei Brüder einen Heller Apanage er—
halten und niemals wäre Adolf in Rußland verfroren, verhungert
— wenn ihm der zehnte Teil dessen geworden wäre, was ihm
gebührte! Schon anno 1808 hatte die Gräfin viele der kleinen
dapitalien, die im Saarbrücker Lande standen und deren ich früher
erwähnte als aus den Zinsen des Stammkapitals entsprossen,
durch einen französischen Advokaten eintreiben lassen; sie betrugen
„zusammen 26,000 fl. — Eine alte Freundin, Frau v. Jossa,
schrieb ihr, „site möge nach Saarbrücken eilen, der Mann stehe
dem Bankrott nahe, doch habe er noch ihre Fonds“, allein die
GBräfin traute ihrer „innern Stimme, die sie noch nicht gewarnt
hätte“, reiste nicht hin, und 3 Wochen darauf verlor sie diese
zJanze Summe durch den ausgebrochenen Bankrott! — Sie schrieb
es mir mit der tröstlichen Bemerkung: „es habe wohl so sein
sollen“!
Nach Adolfs Tode machte sie ein schmachvolles Arrangement
für sich allein, ohne Rücksicht auf ihre Kinder, denen sie groß⸗
mütig ihre Rechte vorbehielt, mit dem Hause Nafsau, durch welches
sie gegen etwa 9000 fl. Renten allen übrigen Ansprüchen,
die ihr das Testament, Codicillꝛc. gaben, entsagte; demnach
es mir überlassen bleibt, bei ihrem Ableben, für mich und Euch,
theure Kinder meiner einzigen Euch dahin geschiedenen Schwester,
mit dem Hause-Nassau über, das von demselben vor beinahe
10 Jahren garantirte Ottweilersche Stammvermögen von 70,000 fl.
zu rechten. Denn kaum ist zu hoffen, daß die Gräfin die noch
übrigen Kapitalien von etwa 50,000 fl., die Euch von dem Nassau—
ischen Ministerium jetzt anerkannt sind und auf der herzoglichen
Kammer stehen, jedoch anno 1823 kündigbar sind, nicht noch,
wenn sie diesen Zeitpunkt erlebt, ausgiebt! So ist diese glänzende
Seifenblase so wohlgesichert scheinender irdischer Größe und Reich⸗
tums binnen wenigen Jahrzehnten spurlos verschwunden. Doch
wer diese Blätter nur mit einigem Nachdenken überliest, möchte
wohl Stoff zu mancher ernsten Reflexion in ihnen finden. (Auch
das Erbe von Frau Kest, die 1796 in Saarbrücken gestorben war,
vurde Rinchen und mir durch habgierige Diener, die sie umgaben,
entrissen.) Als Schlußstein muß ich noch bemerken, daß meiner