Gottlieb'sche Chronik. 1797 -1798.
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und der Mitglieder unseres Stadtgerichts vorgelesen, daß nunmehr
alle Landschaften diesseits des Rheins unter französischer Botmäßig—
teit stünden; und solle die Bürgerschaft und das ganze Land jetzt
darüber seine Freude und sein Vergnügen äussern, daß es von der
despotischen fürstlichen Herrschaft befreit se.. Da wir Alle das
Gutliche der französischen Republik mehr als uns lieb ist, bisher
schon kennen gelernt haben und viele Bürger an dieser neuen
Herrschaft kein Vergnügen finden, so wollen sie solches gar nicht
glauben und erst abwarten, bis der Friede von Rastatt von allen
Seiten ratificirt sein wird. Und das wird sich wohl schon in
einigen Tagen zeigen.
1798. Am 8. April, als am heiligen Ostertag, wurden
unter großen Solennitäten in beiden Städten zwei Freiheitsbäume
zgesetzt, der Saarbrücker auf dem Schloßplatze, der St. Johanner
mitten auf dem Platze, wo der erste gestanden, welcher vor einigen
Jahren umfiel. Zuerst kamen die Herren Kaufleute zu Roß, her—
nach über 100 Chasseurs zu Fuß, sodann die Herren Commissaire
und der Commandant, alsdann unser Freiheitsbaum, mit den
Wurzeln und dem Grunde ausgehoben, oben mit Bändern gezieret
und von 6 schönen braunen Pferden gezogen. Neben dem Baume
gingen zu jeder Seite 4 schöne weißgekleidete Jungfern mit Sträußern,
alsdann der Herr Kammerrath Röchling und die beiden Gerichts—
männer Müller und Karcher, alle drei mit großen nationalfarbnen
Bändern über die Schultern. Hinter dem Baum kam eine Es—
cadron in größtem Staat, hernach eine große Anzahl Bürger aus
beiden Städten, hierauf beider Städte Schulkinder, so Knaben als
Mädchen, von ihren Lehrern geführt. Den Zug beschloß eine
zroße Menge Zuschauer beiderlei Geschlechts. Unter dem Baume
hielt der eine der Commissaire eine passende' Rede an die Bürger
und Zuschauer und stellte ihnen die Früchte dieses Baumes recht
annehmlich vor. Hierauf rief der Herr Kammerrath Röchling
zffentlich aus: Es lebe die Republik! und etliche wohlgekleidete
Knaben mußten diesen Ruf wiederholen. Von hier ging der Zug
aach Saarbrücken, wo die nemlichen Ceremonien beobachtet wurden.
Während dessen wechselten sowohl hier als in Saarbrücken häufige
Böllerschüusse. Abends wurde in Saarbrücken ein Ball gegeben,