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Gottlieb'sche Chronik. 1794 - 1795
ihres Gewerbes. Zugleich trugen alle, welche in dem Zuge gingen,
grüne Kränze in den Händen. Der Zug ging unter Vortragung
von Fahnen durch beide Städte. Die Sinnbilder mit ihren fran—
zösischen und deutschen Devisen stellten vor, wie künftig in Ruhe
und Sicherheit alle Stände vergnügt mit einander leben sollen,
und daß der harte Druck und die despotische Regierung ein
Ende habe.
Während dieses Herbstes bis gegen das Ende des Jahres
waren wir mit Einquartierung verschont, weshalb der Preiß der
Nahrungsmittel ein wenig gefallen ist. Es ist kein Mangel an
Brodfrüchten, aber sie sind sehr theuer. Die Bäcker backen wieder
Brode und Wecke in Menge, die Wirthe zapfen alle wieder Wein;
aur der Geldmangel ist allgemein herrschend. Die Assignaten sind
sehr im Werthe gefallen; man muß 30 Livres Assignaten für
einen neuen Thaler geben.
Die Kälte ist zu Ausgange des Jahres sehr groß gewesen,
and haben die Franzosen, welche Mainz belagern, viel Ungemach
auszustehen.
1795. Die Nationaltruppen verursachen hier viel Beschwer—
lichkeiten durch Frohnfuhren und Einquartierung. Auch haben
selbige bei ihrem Rückzuge aus der Pfalz viele Dörfer ausgeplündert
ind mehrere Menschen umgebracht. Und weil die Kaiserlichen im
November sich in hiesiger Gegend etliche Male sehen ließen, so
sind sogleich alle vormaligen herrschaftlichen Gelder, Früchte und
Pachten mit äußerster Schärfe beigetrieben worden. Manche
Bürger und Bauern wünschen nun zwar in der jetzigen Verfassung
noch lange zu leben, weil sie ihren Profit dabei haben und Brod,
Fleisch, Wein, Oel und andere Nahrungsbedürfnisse sehr theuer
derkaufen. Aber die armen Handwerker und Bauern seufzen und
beten täglich um das Ende dieses traurigen Kriegszustandes, weilen
hr Gewerbe ganz darnieder liegt, sie täglich mehr zurück und
endlich an den Bettelstab kommen müssen.
Dabei waren die öffentlichen Abgaben unerschwinglich. Im
December wurde beiden Städten abermals die Summe von 4000
fl. abgefordert. Weil nun die Städte unvermögend waren, so
große Abgaben zu bezahlen, überhaupt auch kein Geld aufzutreiben