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ιι Sũudwestdeutschland οα
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ist bekanntlich das nußknackerähnlich sich bewegende Werkzeug, mit
dem der in der Brechkoul geröstete Hanf gebrecht d. h. gebrochen
vurde. Ein sehr behäbiger herr muß der Schichtmeister sein.
Wenigstens vertritt er bei uns den Typus der Wohlbeleibtheit
ebenso, wie anderwärts der Bierbrauer, der Amtmann, der Dom—
herr usw. Von einem Wohlgenährten heißt es daher: „Er hat
i Bouch wie änSchichtmeischter!“ Der Schichtmeister ist tat—
ächlich seit alters eine „gewichtige“ Persönlichkeit im Bergmanns—
leben, er zahlt ja den Lohn für die geleisteten Arbeitsschichten aus.
Wenn die obere Grubenbehörde, das Bergamt, die Grube besichtigte,
dann hieß es: Es wird Bergamt abgehalten! Darum sagt man
roch heute, wenn Männer gesprächsweise auf der Straße beisammen—
tehen, scherzweise: Die halle Bergamt ab!
Eine merkwürdige Redewendung ist die vom „Paff vunn
Noolscht“ (Malstatt). Es liegt in ihr etwas von Trotz, von
Behauptung des Eigenwillens gegenüber der Autorität. Man sagt
z. B.: „Ich duns nit unn wann der Paff vunn Moolscht
zummt!“ Wenn ferner ein Unbekannter durch Offenbarung seiner
Amtseigenschaft seiner Forderung Nachdruck verschaffen will, kann
er unter Umständen die Antwort bekommen: „Mir ganz egal,
unn wann de Paff vunn Moolscht bischt!“ Der „Pfaffe
von Malstadt“ ist also eine Respektsperson. Der üble Nebensinn
übrigens, der heute mit dem Wort „Pfaffe“ verbunden wird — in
der Mundart nicht immer — bestand bekanntlich früher nicht. Jeder
heistliche wurde mit „Pfaffe“ bezeichnet. Wer ist dieser „Pfaffe
»on Malstadt“? Ich habe schon vor Jahren die Vermutung
iusgesprochen, daß ursprünglich damit niemand anders gemeint war,
ils Friedrich Köllner, der ehrwürdige Begründer der Saar—
zrücker Geschichtsschreibung. Diese Ansicht hat mir dann herr
ohmeyer, der sich bekanntlich viel mit der Kultur- und Runst—
jeschichte unserer engeren Heimat befaßte, aus Überlieferungen einer
ilt⸗Saarbrücker Samilie bestätigt. Er war selbst ursprünglich anderer
Neinung gewesen. Köllner war in der ersten Hälfte des vorigen
Fahrhunderts Pfarrer in Malstadt. Während der französischen
zremdherrschaft übte er als Dolmetscher zwischen den fremden Beamten
ind der einheimischen Bürgerschaft einen bedeutenden Einfluß aus
ind bekleidete auch verschiedene wichtige Amter. So war er zuerst
„Commissaire du directoire éxécutif du canton
l'Arnual“, dann „expert du domaine“, „percepteur
zentral und schließlich mnotoire public au Départéement
le la Sarre“. Als die Fremdherrschaft eine Ende nahm, wurde
» Bürgermeister der beiden Saarstädte, welches Amt er bis 1823
»ekleidete. Köllner war also ein Mann, der eine „große hand“,
‚ä große Tabbe in der Stadt“ hatte und im öffentlichen Leben eine
zolle spielte, wie sie nur selten einem Geistlichen zuteil wird. Eben
eswegen gab er Anlaß zu obiger Redensart. Aus dieser Redensart
pricht übrigens auch der Widerstand der Saarbrücker gegen die
mordnungen der französischen Herrschaft.
Anmutige Sünger der heimatlichen Winterfluren.
SIkizze aus dem winterlichen Vogelleben.
chneeverweht und einsam still liegen Dorf und Slur. Zauberische
Märchenpracht und barocke Phantastik weben um hecken und
Gesträuch, die das schneeige Weiß dick vermummt. herbe
duft fegt über das Gelände und läßt die weißglitzernden, spitzigen
kristalle von Baum und Geäst niederrieseln. In den hecken draußen
im Wegrande vor Dorf sitzen verdrießlich schilpsende Spatzen. Ein
Dompfaff kauert verfroren auf einer krüpplichen Hagebuche und läßt
zuweilen seinen melancholischen Flötenruf hören. hungrige Raben
tieben scheu von den Chausseebäumen auf, von denen dann eine
Wolke feinen Schneestaubes niederwirbelt.
Da — mitten hinein in die kalte, herbe Schönheit und das große
zchweigen fröhlicher, kecker Vogelsang, ein fast übermütiges Trillern,
das gar eigen anmutet. Vor uns auf einer schwanken Ranke des
hagedornstrauches sitzt eine kleine, koboldhafte Gestalt, äugt uns
reuherzig an, stelzt das kurze Schwänzchen senkrecht in die Höhe,
wippt possierlich auf und nieder und huscht dann, eher einer Maus
als einem Vogel ähnlich, dicht über die Straße hin zum KReiserhaufen,
der dort liegt, von dorten es wie in unversiegbar heiterer Laune erneut
und kräftig wieder hinaussingt, unbekümmert um Lälte und Winternot.
Das ist Zaunkönigart. Und dem, der sie sieht und hört, „dem
im Winter beim Liede des Zaunkönigs das herz nicht aufgeht in der
Brust, der ist ein freudloser, trauriger Mensch“. GBrehm.) In der
Tat, von dem drolligen kleinen Kerl könnte mancher Kopfhänger
heilsam lernen.
In auffallendem Gegensatz stehen beim Saunkönig seine winzige
Bestalt und die überraschende Kraft seiner Stimme. Er ist nahezu
der kleinste unserer heimischen Sänger, nur um ein geringes größer
als das weit mehr im Verborgenen lebende Goldhähnchen. Und doch
zeigt die Figur des Zaunkönigs eine gewisse Kraft und Stämmigkeit
bei einem höchst reizwollen und anziehenden Wesen. Die Brust gesenkt,
das kurz gestutzte Schwänzchen in die Höhe gerichtet, so zeigt er sich
don Zeit zu Zeit auf einem freien Ast der hecke, einem Baumstrunk
oder einem Schilfstengel im bruchigen Kied. In dieser Stellung bietet
er ein Bild burschikoser und doch wieder anmutiger Keckheit, gepaart
nit ängstlicher Vorsicht. Wie ein Schatten huscht er dann weiter,
dringt mit größter Leichtigkeit in das Gewirr von Wurzeln, Dornen
uind Ranken, zwängt sich mühelos durch Löcher, Kitzen und Spalten,
und taucht dann mit fröhlichem Schnarren an einer Stelle wieder auf,
wo wir sein hervorkommen gar nicht vermuteten. Gleichsam als
wolle er zur Verfolgung auffordern, schnurrt er in gerader Linie
äber den Boden hin, sorglich aber am schützenden Gebüsch sich haltend.
Deutlich merkt man, wie ihm beim Überfliegen weiter Strecken bald
die Kraft der kleinen Schwingen versagen müßte. Nimmt man seine
herfolqung ernstlich auf, so verschwindet er furchtsam in ein Versteck.
vozu ihm nicht selten ein Mausloch dient. Sein rotbraunes, dunkel
zewelltes Federkleid paßt sich aufs engste dem Gekräut und ver—
rockneten CLaube an.
Die Fertigkeit des Zaunkönigs im Entschlüpfen kann man so recht
n seinen Lieblingsrevieren zur Winterzeit beobachten. Diese sind
dann an Teichen und sumpfigen Ufern zu suchen, wo die Schilf- und
zinsenbüchel im Perein mit dem Geflecht des Wurzelwerkes von
Veiden und Erlen ihm vortrefflich schützende Schlupfwinkel gewähren.
jin unsern Knabenjahren war es uns ein besonders reizvolles Ver—
znügen, am eingefrorenen Dorfteich auf den kleinen Schlüpfer Jagd
u machen. So oft und sicher wir jedoch glaubten, ihn irgendwo
estzuhaben — immer sahen wir uns in dieser hoffnung getäuscht.
Vährend wir noch gespannt die schnell umzingelte Einschlupfstelle
imstanden, jeden Augenblick zum Zugreifen bereit, war Freund Zaun—
zönig schon weit davon. Mit einem höhnenden „Serr zerr!“ und
ꝛinigen Knicksen empfahl er sich, und die Umsicht und Wachsamkeit
»es behenden Vögleins ließen uns bald die S3wecklosiqkeit unseres
Beginnens einsehen.
Cieb, wie kaum eine andere Vogelgestalt der Heimat, ist mir der
zleine Bursche gerade in den KRnabenjahren geworden. Jedesmal,
venn ich seine Stimme höre, wird mir die Erinnerung daran wach,
vie wir in der Frühe des Wintermorgens den dunklen, hals-
recherischen Kirchenpfad uns hinuntertasteten — öfters auch auf
»em Hosenboden den steil abschüssigen Steig hinabrutschten, wenn
ach der Wärme des noch nicht lange und nur so schwer verlassenen
zettes die eisige Kälte uns um so empfindlicher in Wangen und
hhren schnitt und eilige hast uns trieb, rechtzeitig zum Läuten den
hlockenturm zu erreichen. Den einen höhenrand des tiefen Hohl—⸗
oeges, durch den der Pfad hinabführte, säumte eine uralte lebende
secke von verkrüppelten Hainbuchen; die Abhänge der andern Seite
daren von Brombeergerank und Schwarzdorngestrüpp überkleidet.
»as war das königliche Revier einer Reihe „derer vom Saune“.
ind mit unbedingter Sicherheit begrüßte uns jeden Morgen in
hunkelheit und Kälte das kecke Schnarren des kleinen Pögleins, das
ins so heimlich und vertraut immer anmutete, wie der frohe Gruß
ines lieben Menschen, dem wir Tag für Tag an der gleichen Stelle
egegnen und den wir vermissen, wenn wir ihn einmal nicht an der
ewohnten Stelle finden.
Im Winter ist der Zaunkönig nicht selten in der nächsten Nähe
nenschlicher Wohnungen und selbst in den Gebäuden anzutreffen, wo
ꝛx dann ein ganz zutrauliches Wesen zeigt. Vom nahen Garten
ind Gehöst schlüpft er zum Keiserhaufen im Hof, zum holzstoß in
zchuppen und Scheune, von dort in Gelasse und Ställe, wo er auch
ächtigt. So konnte ich in einem Winter regelmäßig in der Abend⸗
ämmerung beobachten, wie er gewohnheitsgemäß das hühnerloch