Full text: 1914 (0002)

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můιινα Sudwestdeutschland αα αα Seite 207 
Zur Saarbrücker fubelfeier 19185. 
aarbrücken rüstet sich, wenn auch in einfacher, so doch in 
würdiger und erhebender Weise die hundertjährige Wieder— 
kehr des Tages zu begehen, an dem das Saarbrücker Gebiet 
endlich frei ward aus 23 jähriger französischer Knechtschaft und durch 
Vereinigung mit Preußen dem deutschen Mutterlande wiedergegeben 
wurde. Ergreifend wirkt die Saarbrücker Geschichte jener bangen 
Tage der Ungewißheit und des Hoffens um das Geschick des Landes, 
denen endlich durch feierliche Besitznahme des Gebietes durch Preußen 
am 30. November 1815 ein Ende in Freude wurde. Unter Tränen 
jubelte die Bürgerschaft um die Erreichung eines Zieles, daran 
diese wahrlich viel gesetzt hatte an Mut und Entschlossenheit, Liebe 
und Haß. Verdienst vertiefte die Freude um das Erreichte, ein 
Verdienst, das unter den bittersten Drangsalen und Leiden und 
dem ätzenden Hohn der Unter⸗ 
drücker mit zäher Ausdauer 
standgehalten hatte in seinem 
Ringen um Freiheit und ur— 
eigenstes deutsches Wesen. 
o entschieden erstrebte. Es war vor allem unentwegte Treue 
an das deutsche Vaterland, zähes Festhalten an rechtschaffenem, 
»iederdeutschem Wesen und an geheiligten dentschen Sitten. Und 
ver will es der Bürgerschaft verargen, wenn sie bei ihrem Tun 
der Jahre 1814,15 auch den tiefen Haß mitsprechen ließ, wie er 
iuf Grund der unerträglich harten Willkürherrschaft der Jahre 1793 
»is 1797 in ihrem Herzen gegen Frankreich und sein schändliches 
Erpressungs- und Raubsystem erglüht war? Dieser Haß war wohl 
u den Jahren 1801 51812, welche dem Lande unter dem franzö— 
ischem Szepter nach vielen Seiten hin wohltätige Ordnung und 
zicherheit gebracht hatten, herabgemildert, teilweise selbst in recht 
reundliche Beziehungen besonders auf wirtschaftlichem Interessen— 
ebiet verkehrt worden. Aus ärmstem Elend und drückendster 
Not hatte sich nämlich Saar— 
brücken in den Jahren der 
Kaiserzeit erstaunlich rasch wie— 
der zu schöner Wohlhabenheit 
heraufgearbeitet. Handelsgeist 
und Handelsintelligenz hatten 
die Kaufleute Saarbrückens 
aus den gewaltigen Truppen— 
durchzügen unter Napoleon, 
den nötigen Armeelieferungen 
und dem großen Aufwand der 
Franzosen gewaltige Vorteile 
ziehen lassen. Die angebrochene 
neue Zeit mit ihren Errungen— 
schaften und Vorteilen hatte 
manche Bürger Saarbrückens 
an den Zusammenhang mit 
Frankreich gewöhnt, mit den 
neuen Zuständen ausgesöhnt 
oder gar für dieselben gewonnen. 
Einen gewaltigen Rückschlag 
sierin aber brachte das Jahr 
812. Nach dem Unglück Napo— 
eons in Rußland verlangte 
Frankreich von unserem Lande 
mmer neue schwere Opfer; 
Söhne der angesehensten Saar— 
hrücker Bürgerfamilien mußten 
mnit ins Feld — sie waren 
offenbar als Geiseln gedacht; 
— Napoleon verhängte die 
yraunische, furchtbar ein— 
schneidende Einziehung des 
Bemeindeeigentums über das 
Gebiet; mit der Not des ge— 
schlagenen französischen Heeres, 
dessen Trümmer Saarbrücken 
krank und siech erreichten, litt 
auch die Bürgerschaft schwer 
zurch Opfer und Seuchen. — Gegenüber den aufgelösten französischen 
Truppen und ihren ratlosen Führern mußte der Geist der nachdrängen— 
zen, von heiligen Begeisterung flaämmenden Truppen der Verbündeten 
yon tiefer moralischer Einwirkung auf die Bürgerschaft Saarbrückens 
ein. Hohe Verehrung blickte auf zu der Heldengestalt des greisen 
Feldmarschalls Blücher. In markigen Worten forderte der neue 
ßeneral-Gouvereur Justus Gruner zum Kampfe um die Freiheit 
iuf. Seine kernigen Worte von Vaterland und freiem Männersinn 
ießen ein gewaltiges Sehnen nach besserer Zeit wach werden. 
zurcht und Schrecken des Napoleonischen Polizeiwesens war mit 
inem Schlage gebannt. Die liebe, traute Muttersprache war 
»em Lande wiedergegeben und ließ deutsches Bewußtsein und 
eutsche Art hoffnungsstolz wieder lebendig werden. Mit diesem 
neu erweckten und tief befruchteten Bewußtsein, Deutsche zu 
ein, trat erst recht lebhaft die ganze Schmach der 20 Jahre 
ereits erduldeten Fremdherrschaft Saarbrückens Bürgern wieder 
vor die Seele, der ganze Haß auch um alles, was Frankreich dem 
Ldande an Glück geraubt und an Unseligem gegeben hatte. 
An Glück geraubt und an Unseligem gegeben hatte gerade in 
in den Jahren 1793 — 1797. In der Not und in der Schande 
dieser Jahre, die untilgbar eingeschrieben stand in der Erinnerung, 
Einzig steht darin Saar—⸗ 
brücken da in der Reihe jener 
kleinen Staatsgebilde auf der 
linken Rheinseite, welche im 
Separatfrieden von Basel am 
5. April 1795 von Preußen 
und dann im Frieden von 
Campo Formio am 17. Oktober 
1797 auch von Osterreich den 
französischen Eroberungsge— 
lüsten preisgegeben wurden. 
Saarbrücken ist das ein— 
zige dieser Gebiete, wel— 
ches nach dem Zusammen— 
bruch des französischen 
Kaisertums 1812,13 aus 
eigener Initiative und 
mit aller Energie die An— 
gliederung an Preußen 
erstrebte und mit einer 
beispiellosen Festigkeit 
durchsetzte — und dies un— 
geachtet der Preisgabe be— 
deutender Interessen, die es 
mit Frankreich verbanden. 
W. Schmitz sagt in Heft VIII 
der „Mitteilungen des Histo— 
rischen Vereins für die Saar— 
gegend“ darüber: „... Es 
wäre gewiß des Ruhmes zu 
viel, den wir für die Bewohner 
unserer Gegend in Anspruch 
nehmen würden, wenn wir be— 
haupteten, daß dieselben auf 
dem linken Rheinufer allein die treue Anhänglichkeit an Deutschland 
bewahrt hätten; aber das hiesige Land (Saarbrücken) ist wirklich 
die einzige Gegend auf dieser Rheinseite, deren Bewohner um die 
Trennung von Frankreich und die Wiedervereinigung mit dem 
deutschen Vaterlande wiederholt und dringend gebeten haben und 
von allen Gebieten, welche je mit der Krone Preußens vereinigt 
wurden, die einzige Landschaft, welche durch den freien Entschluß 
der Bevölkerung gewonnen worden ist. Daher datierte auch die 
innige Zuneigung, welche der König Friedrich Wilhelm III. und 
namentlich Friedrich Wilhelm IV., schon als Kronprinz, zu diesem 
Lande hatte“. Wie dieser Anschluß Saarbrückens an Preußen durch 
die hingebende Tätigkeit Saarbrücker Bürger erreicht wurde, das 
zu zeigen, sei spätern Gedenkblättern zur Jahrhundertfeier 1915 
vorbehalten. Daß diese Angliederung jedoch unter den obwaltenden 
Verhältnissen jener Zeit bewerkstelligt wurde, leuchtet als ein 
Ruhmesblatt in der Geschichte unseres Landes und als eine Tat 
unserer Väter, die neu und eindringlichst in der Erinnerung auf— 
leben zu lassen, eine heil'ge Ehrenpflicht der Generation nach hundert 
und abermals hundert Jahren bleibt. 
Ehrung verdienen auch die Motive, aus denen heraus Saar— 
brücken die Loslösung von Frankreich und den Anschluß an Preußen 
Erbfürst 
einrich
	        
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