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U. Wadgassen unter Frankreich.
Die Hauptschriftsteller der französischen Nation verteidigten in
ihren Schriften die Rechte des Volkes. Freiheit und Gleichheit wurde
angestrebt; weil dies aber auf gesetzlichem Wege nicht zuͤnerreichen
war, so wurde zur Gewalt geschritten. Da die Empörung sich gegen
die Vertreter des steuerfreien Besitzes, den Adel und die Geistlichkeit,
richtete, so wurde selbst die Religion preisgegeben, weil man die
Diener der Religion haßte. Der König, in der guten Absicht, dem
dritten Stande Erleichterung zu verschaffen und die Privilegien der
höheren Stände zu beschränken, ließ auf den Rat Neckers die Reichs—
stände zusammen treten. Es wurden 308 Deputierte von der Geist—
lichkeit, 285 vom Adel und 621 vom dritten Stande gewählt. Am
5. Mai 1789 wurde diese Nationalversammlung zu' Versailles er—
öffnet. Gleich in den ersten Sitzungen geriet der dritte Stand mit
den bevorrechtigten Ständen in Streit. Jener verlangte nämlich,
daß nicht mehr wie sonst nach drei Ständen, gestimmt werde, weil
dadurch die Vertreter des Grundbesitzes das Übergewicht hätteun, son—
dern nach Köpfen. Da aber die höheren Stände' sich dagegen ver—
wahrten, da erklärte sich der dritte Stand unter dem Jubel des
Volkes allein für die Vertretung der Nation und rechnete bei der
Anmaßung einer solchen Macht auf die Unterstützung des größten
Teiles der Nation. Die Befehle des Königs zur Auflösung der Natio—
nalversammlung wurden nicht mehr beächtet. Höhnisch wurde er—
widert, daß man nur der Gewalt der Bajonette weichen wolle. Da
war die Revolution entschieden.
b. Die Zeit von 1789 - 1815.
Die Ursachen zur französischen Revolution sind aus dem Vorher—
gehenden zu erkennen, die Folgen aber gar zu bedeutende, als daß
deren Geschichte nicht jedem bekannt sei. In dieser Voraussetzung
wollte ich, entsprechend dem Zweck dieses Werkes, von jenen Ereignissen
nur das erzählen, was sich in miserer Nähe zugetragen, was mit dem
Kloster geschehen und welche Veränderungen die Staatsumwälzungen
in unserer Gegend hervorgerufen haben.
Die Gewaltthätigkeiten der Revolution begaunen mit der Er—
stürmung der Bastille 14. Juli 1780. In der ewig denkwürdigen
Nacht vom 3. auf den 4. August desselben Jahres erklärte sodann
die Nationalversammlung „die Rechte der Menschen“, — allen
Unterschied der Stände für aufgehoben, Freiheit und Gleichheit der
Rechte und Pflichten allen Franzosen. Die Privilegien, der Zehnte
wurden abgeschafft, Adel und Geistlichkeit gleich den andern be—
steuert, der Feudalismus mit seinem ganzen Anhange gestürzt.
Von diesen scharfen Bestimmungen wurden auch die französischen
Gebiete an der Saar sofort und direkt getroffen.
Die Abtei Wadgassen sah sich sofort all ihrer Einkünfte beraubt,
welche die Unterthanen als Zehnten, Schafftfrüchte ꝛec. an das
Kloster zu entrichten hatten, und war lediglich auf die Erträge
der eigenen herrschaftlichen Güter beschränkt. Das Unterthanenver—
hältnis hörte gänzlich auf, die Fronpflicht war aufgehoben. Die