Full text: Geschichte der Abtei Wadgassen

510 F. Die Abtei Wadgassen unter dem Einflusse deutscher Kleinstaaten ec. 
richts oder unterbrachen die Sitzungen desselben. Eine Folge der mangel— 
haften Rechtspflege war außer den Fehden die Selbsthilfe in der Form 
der Femgerichte und der Lyuchjustiz. Als einen Mißbrauch des Fehde 
rechts stellt sich das Faustrecht dar. 
8. Der ewige Landfrieden. Unter Maximilian wurde 1495 
auf dem Reichstage zu Worms der ewige Landfrieden beschlossen. Bei 
Strafe der Reichsacht, bei Verlust aller Lehen und Rechte sollten nun— 
mehr alle Befehdungen aufhören. Die bereits milder gewordenen Sitten 
und die durch die Erfindnug des Schießpulvers veränderte Kriegführung, 
welche den Raubrittern hinter den Mauern ihrer Felsenburgen keinen 
Schutz mehr ließ, waren zur Erreichung dieses Zieles sehr günstig. Sollte 
aber dieser Landfrieden Bestand haben, so nmußte auch notwendig ein 
Gerichtshof vorhanden sein, bei welchem jeder sein Recht nachsuchen konnte. 
Es wurde deshalb ein Reichskammergericht angeordnet, das aus einem 
Kammerrichter und sechzehn Beifitzern bestand. Am 31. October 1495 wurde 
es zu Frankfurt a. M. eröffnet; nachher wurde es nach Speier und im 
Jahre 1689 nach Wetzlar verlegt. Um Ruhe und Ordnung besser zu 
handhaben, wurde Deutschland in zehn Kreise eingeteilt. Diese waren: 
der österreichische, bayerische, schwäbische, fränkische, oberrheinische, kurrhei— 
nische, westfälische, niedersächsische, obersächsische und burgundische oder 
niederländische. Jeder Kreis hatte seinen besonderen Vorsteher und Kreis— 
hauptmann. Bei Ruhbestörungen bot dieser die bewaffnete Mannschaft, 
das sogenannte Kriegskontingent, auf. So vorteilhaft diese Einteilung für 
die praktische Verwaltung des Landes auch sein mochte, so mußte sie an— 
dererseits wieder nachteilig auf die Erhaltung der Einheit des Reiches 
wirken, indem die einzeluen Kreise dadurch eutfremdet und politisch ge— 
trennt wurden. 
Wie aus dieser Geschichte hervorgeht, hat das Kloster Wadgassen 
das Reichskammergericht sehr oft in Anspruch genommen und hat sowohl 
gegen die Landesregierung als gegen die eigenen Unterthanen zu Ensheim 
eine Menge obsiegender Urteile erhalten, die im Grunde genommen, nur 
auf den moralischen Wert beschränkt blieben, während bei dem Mangel 
einer thatkräftigen Execution von Seiten des Reiches der faktische Erfolg 
fast vollständig ausgeblieben ist. Es konnte darum das Kammergericht 
ebensowenig gegen Saarbrücken etwas ausrichten, als das Kloster mit feinen 
eigenen Gerichten gegen Ensheim. Es zeigte sich eben hier wie da die— 
selbe Schwäche im Vollstreckungsverfahren, welche aus der einen Seite 
nur größeren ÜUbermut und auf der andern immer wachsende Widerspenstig— 
keit im Gefolge hatte. Das Kloster und seine Unterthanen mußten, wie 
alle kleineren Stände im Reiche, den Vorteil der Wohlthaten entbehren, die 
nur eine starke Regierung gewähren kann. 
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