Full text: Geschichte der Abtei Wadgassen

508 F. Die Abtei Wadgassen unter dem Einflusse deutscher Kleinstaaten ꝛc. 
mehr vorhanden; die Fürsteugewalt bildete ein Gegengewicht gegenüber 
dem Königtum. Der Staatsverband kehrte allmählich zu jenen alten 
Formen zurück, welche in der ältesten Zeit bestanden hatten; die alten 
germanischen Volksoerbände traten wieder hervor. Diese Zersplitterung 
ist charakteristisch für die politischen Zustände des deutschen Reiches im 
Mittelalter; das Reich stellte einen vielgegliederten Staatsorganismus mit 
einer ziemlich schwerfälligen Verfassung dar. 
Wie in den ältesten Zeiten die Hundertschaften, Gaue und die wei— 
teren Verbände ihre Häuptlinge, Grafen, Herzöge und Könige gewählt 
hatten, so war auch Karl der EGGroße ein gewählter König. Aber der Be— 
griff der freien Wahl durch das Volk wurde immer mehr abgeschwächt. 
Schon Karl der Große setzte seinen Sohn zum Rachfolger ein, allerdings 
„nach dem Rate aller“. Allmählich wurden bei der Königswahl die höch— 
sten Fürsten und Reichsbeamten die maßgebenden Personen; die Zustim— 
mung des anwesenden Volkes war fast nichts weiter als eine Art Hul— 
digung. Ein festes Reichsgesetz für die Königswahl gab es nicht; aus 
der Gewohnheit, aus den sich wiederholenden Thatsachen entwickelte sich 
das Wahlrecht. Da das bei der Wahl versamnielte „Volk“ nicht aus 
Repräsentanten aller deutschen Stämme bestand, sondern zumeift aus Ver— 
tretern desjenigen Stammes, in dessen Gebiete die Wahl vollzogen wurde, 
so mußte der König sich oft erst die Auerkennung der übrigen Stämme 
sichern. Nach der Wahl und Krönung hielt der König im Reiche den 
„Umritt“, bei welchem die Huldigung der einzelnen Stämme entgegen— 
genommen wurde. — Wahrscheinlich wurde also das Wahlrecht von jeher 
nur von den Vornehmern und Mächtigen ausgeübt, während es mit 
der Zeit dahin kommen mußte, daß gewisse Stimmen vorzugsweise Ge— 
wicht hatten. Die goldene Bulle Karls IV., 1356 zu Metz erlassen, machte 
endlich dem Schwanken über die Zahl der Wahlfürsten ein Ende. 
6. Das Kriegswesen: Die Organisation des Heerwesens basierte 
fast das ganze Mittelalter hindurch auf dem Feudalismus. Es gab keine 
stehenden Heere; so oft eine Kriegsmacht notwendia wurde, stellten die 
zu Dienstleistungen im Kriege Verpflichteten die Manuschaften nach Maß— 
gabe ihrer Stellung. Den Bestimmungen der sächsischen und fränkischen 
Kaiser gemäß lag die oberste Führerschaft bei dem Kaiser oder dem Könige; 
unter ihm befehligten die höheren Lehensträger ihre Vasallen; die ein— 
fachen Ritter unterstanden dem Vannerherrn, die Knappen und Knechte 
den Rittern. Die Mannschaften der geistlichen Stifte wurden meist von 
den adligen Schirmvögten derselben geführt. An die Stelle der Vasallen— 
heere traten gegen Ende des Mittelalters die Söldnerherre. Im Jahre 
1422 schrieb der Reichstag einen gemeinsamen Pfennig zur Beschaffung 
eines Reichssöldnerheeres aus; dasselbe kam indessen nicht zustande. Unter 
Maximilian wurde in Deutschland das erste stehende Heer errichtet. 
Seit dem Reichstage zu Worms, 1521, bestand die persönliche Dienst— 
pflicht nur noch für die Reichsritter; doch konnte diese Verpflichtung, 
welche niemals mehr beansprucht worden ist, auch durch Geld abgelöst 
werdeu. Dagegen waren die Reichsstände verpflichtet, im Falle eines 
zerieges bestimmte Kontiugente zum Heere zu stellen, deren Aufbringung 
durch Werbung, Aushebung oder sonstwie ihrem Ermessen überlassen blieb—
	        
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