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J. Die viel unstrittenen Grenzstanten.
r. Lothringen.
Karl der Große, welcher das Frankenvolk zum mächtigsten in Europa
machte, breitete seine Herrschaft aus nicht uur über das heutige Frankreich,
sondern auch über einen großen Teil von Spanien und Italien, in Deutsch—
land bis zur Oder und bis tief in sterreich hinein. Dieses große Län—
dergebiet teilten die Sͤhne Ludwigs des Frommen 11. August 843 im
Vertrage zu Verdun in der Weise, daß Karl der Kahle Westfranken, das
heutige Frankreich, Ludwig der Deutsche Ostfranken, Deutschland, erhielt;
einen Länderstrich, einerseits von Rhöne, Saone und Maaß, andererseits
vom Rheine und den Alpen begrenzt (Mittelfranken), sowie Italien mit
der Kaiferkrone bekam Lothar. Nach 12jähriger, schwacher Regierung
teilte Lothar 855 sein Land, also Mittelfranken mit Italien, unter seine
drei Söhne. Sein ältester Sohn, Ludwig II., erhielt Italien, der mittlere,
Lothar II., den nördlichen Teil, welcher nach ihm Lothringen genannt
wurde, und der jüngste, Karl, die Provence mit Lyon. Lothar II. starb
8. August 83639. Nun wurde Lothringen der Zankapfel zwischen Frankreich
und Deutschland, die es im Vertrage zu Mersen 9. August 870 etwa
nach der Sprachgrenze teilten. Deutschland erhielt die Städte Basel,
Straßburg, Metz, Trier, Aachen und Utrecht mit den dazwischenliegenden
Ortschaften und Abteien uud ihren Gebieten. Somit gehörte unsere
Gegend seit 543 zu Mittelfranken, seit 855 zu Lothringen und kam 870
zu Deutschland. Obwohl geteilt, wurde Lothringen doch immer noch als
ein Ganzes betrachtet und war fortgesetzt der Zankapfel des karolingischen
Geschlechtes gewesen. Mehrmals zu Fraukreich geschlagen, blieb es doch
seit Heinrich J. dem Vogelsteller, dem Hauptteile nach ein deutsches Her—
zogtum. Otto J. gab es 953 seinem Bruder, dem Erzbischof Brundo
von Köln, welcher 959 unter seiner Aufsicht besondere Herzöge von Ober—
lothringen oder Mosellanien und Riederlothringen oder Ripuarien einsetzte.
Diese Einteilung blieb von da an, das Belehnungsrecht der beiden Herzog—
tümer ging später wieder an den deutschen Kaiser über. Unter Nieder—
lothringen sind die Niederlande, Belgien und Holland zu verstehen, Ober—
lothringen aber ist das eigentliche (jedoch nicht nur das heutige deutsche)
Lothringen, welches in früherer Zeit auch die Saargegend und das Kur—
fürstentum Trier umfaßte. Die Bistümer Lothringens (Metz, Toul, Verdun,
Trier) bildeten schon zur Zeit seiner Teilung freie Herrschaften, welche
direkt und unmittelbar nur vom deutschen Könige abhiugen.
Die Bischöfe waren nämlich schon seit längerer Zeit nicht mehr
bloße kirchliche Obere, sondern auch zugleich weltliche Beneficiarien ge—
worden. Sobald die fränkischen Könige die christliche Religion ange—
nommen, kam es in Gebrauch, den Kirchen und Klöstern große Schenkungen
zu machen. Wie die Könige darauf bedacht waren, durch Beneficien die
Zahl ihrer Getreuen und damit ihre Macht zu vermehren, übertrugen sie
auch den Bischöfen solche Beneficien, wodurch die Könige das Ansehen der
Religion zu dem ihrigen gewannen. In der Erhöhung der Bischöfe fand