Aus der „Hoffgerichts-Ordnung
des Herzogthums Sweybrücken“ v. 1605
von A, Z.
„Geben und geschehn auff Mittwoch, den 15. May im Jahr nach Christi
unseres Erlösers Geburth 1605.“ Johannsen hieß der Pfalzgraf bei Rhein, der
die gesamte Gesetzgebung in Straf- und Zivilprozessen in einem Buche auf 180
Seiten zu vereinigen wußte, ein Kunststück, das unser Staunen erregt. Jnner-
halb vier Wochen konnte damals ein halbwegs Begabter mit der Jurisprudenz
fertig sein; er brauchte nicht, wie heute, zehn Jahre eifrigen Strebens, um sich
mit Tug und Recht die Richterkappe aufsezen zu können. Wie einfach und klar
ist dabei alles;
Die Kniffe des römischen Rechts kannte der allerdings „Allerdurchläuchteste“
Fürst Johannsen nicht; er schuf nach seinem Rechtsgefühl leicht verständliche, aber
wahrhaft drakonische Gesetze. Da hieß es einfach Auge um Auge, Zahn um Zahn.
Wehe dem, der abseits gut bürgerlicher Tugend befunden wurde, ihm gings
übel. „Und weiche keinen Finger breit von Gottes Wegen ab“, das war der
Kompaß der Gesetzgebung, wenn der Mann nicht mit dem Schwert hingerichtet,
die Frau nicht ertränkt werden wollte.
Man dachte nicht wie in unseren Tagen human in der Hoffnung, den Ge-
strauhelten doh noh auf den rechten Weg zu führen und zu einem nüßlichen
Glied der Menschheit zu machen. Nein, das Geset war von brutaler Härte, ganz
gleich, aus welchen Motiven der Entgleiste auf den Abweg geraten war.
JH will aus dem Gesezbuche, das vor 328 Jahren im Druck erschienen ist,
nur einige, uns heute noch besonders berührende Kapitel erwähnen. Sie sind
bezeichnend für den rauhen Redtssinn unserer Vorfahren. Es ist wohl auch
nicht daran zu zweifeln, daß jene Bestimmungen über Vergehen und Verbrechen
auch in unserer damaligen Grafschaft Nassau-Saarbrück dieselbe Geltung ge-
habt haben wie in dem benachbarten Zweibrücken, das sich früher wie unsere
Heimat eine Kulturstätte nennen durfte. Von dort her kam zu uns manches
wertvolle Gut, ich erinnere hier nur an die Shwarzkunst, deren Apostel vom
blühenden Hofe der alten Rosenstadt herüber gewechselt sind. Nicht anders wird
es auch mit den Errungenschaften der Göttin Justitia gewesen sein, die im Laufe
der Zeit, allerdings mit verbundenen Augen und langwallendem Kleide, recht
langsam und zögernd der allgemeinen Volksbildung folgte.
Eheirrungen und ihre Strafen.
Die Auffassungen über den sittlichen Wert der Ehe für Staat und Familie
wechseln. Ein gesundes Volk wird immer den sakramentalen Charakter der
Ehe hochhalten. Nach großen Erschütterungen, wie sie lange Kriege mit sich
bringen, lockern sich die fürs Leben geschlossenen Bande leichter. Nach dem
Dreißiglährigen Kriege war in manchen Landesteilen Deutschlands sogar die alte
Türkenwirtsmast, die Vielweiberei, erlaubt und von manchem guten Fürsten
ewünscht. Nicht weniger traurig waren die Verhältnisse nach dem sieben-
inen Kriege. Auch nach dem Weltkrieg machte sich eine leichte Auffassung
über den vor Gott und Altar geschlossenen Bund geltend. So stiegen im Saaxr-
gebiet die Ehescheidungen rapid, in manchen Jahren sogar beängstigend. Mit
esseren wirtschaftlichen Verhältnissen wird hier auch wieder bei dem gesunden
Sinn der Bevölkerung ein schnelles Sinken der unheilvollen Ziffer eintreten.
Der Fürst Johannsen von Zweibrücken wollte mit Gewalt die Heiligkeit
der Ehe wahren. Ob ihn die Leichtlebigkeit seiner „Unterthanen“ dazu ge-
trieben hat oder der richtige Gedanke, daß ohne Reinheit des Ehelebens weder
der Staat, noh der Einzelne Glück und Wohlergehen finden können, lassen
wir dahingestellt.
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