Full text: 12.1934 (0012)

Raub, davon haben die voraufgegangenen Jahrgänge des S. K. wiederholt und 
eingehend gemeldet. Heute will ich der Pfalz gedenken und lasse hier jezt aufgefun- 
dene, alte Aktenstücke reden. Sie mögen erzählen, daß damals selbst eine Revolution, 
die unter den Schlagworten liberte, egalite, fraternite ins Ceben trat, nicht allein 
im eigenen Lande tausend Köpfe in den Sand rollen ließ, sondern ihre Schrecken 
auch ins Reih getragen hat. 
Der beigefügte Faksimiledruck bringt die Ursache und Deranlassung der Zer- 
störung Kusels. Der DolkSrepräsentant glaubt, in Kusel seien gefälschte Assignaten 
hergestellt worden. Er fragt bei dem General der Moselarmee an, wie er über die 
Zerstörung Kusels däcte. Auf die Antwort, „daß die Existenz dieser Stadt den 
künftigen Kriegsoperationen der Armee der Republik von keinem ferneren Uußen 
seyn werde“, heißt es: „Da die Stadt Kusel bey jeder Gelegenheit sich als Feindin 
dor Republik und als zugethane Freundin der Feinde derselben und namentlich der 
Preußen gezeigt hat, so soll dieselbe verbrannt werden. Der kommandierende 
General der Wioselarmee erhält hiermit den Befehl, diesen Schluß so bald möglich 
in Erfüllung zu sezen, und alle dazu gehörige Anstalten auf das schleunigste zu 
treffen.“ 
Wie rücksichtslos und grausam der General den Befehl ausführte, das erzählt 
ein alter Druck vom LKugust 1794, der wahrscheinlich von dem Ortspfarrer abgefaßt 
ist. Aus begreiflichen Gründen ist nict, wie es schon damals übli war, der Druck- 
ort angegeben. Man fürchtete sid wohl vor Rache. Anzunehmen ist, daß man mit 
der Schilderung des Unglücks in der Pfalz das Ulitleid wac<hrufen wollte und eine 
Cinderung der Uot erwartete. Lassen wir hier den alten Druck selbst von Kusels 
Unglückstag, dem 25. Iuli 1794, erzählen: 
„Unter allen Orten zwischen dem Rhein und der Saar, welche seit zwey Jahren 
die französische Uebermacht zu empfinden gehabt, ist keiner so unglücklich worden, 
als die Stadt Cusel in dem Pfalzzweybrückischen Oberamt Lichtenberg. 
Uachdem diese Stadt an den fast uners<winglichen Lieferungen des gedachten 
Oberamts zu den Beurnonvillischen, Lignivillischen, Destournellischen und Hou<hardi- 
schen Armeen ihren Beytrag hat leisten müssen, nachdem sie die Schwere von Durd- 
zügen, Einquartierungen, Plünderungen und besondern Lieferungen empfunden 
gehabt und nachdem jie zweiymal, nemlid) im Uovember vorigen Jahrs und zu 
Anfang des jezigen Jahrs, hart gebrands<haßt worden: so blühete vor dieselbe 
wieder einige Hoffnung zur Erholung auf, als ihr im Monat April wegen einer 
Zusammenkunft zwischen den französisc<en und königlich-preußisc<en Abgeordneten 
zu Auswehselung der Kriegsgefangenen die Ueutralität zugestanden wurde. 
Die bürgerliche Einwohner, wel<he ausweis der Beylage unter der Uumer !| 
aus Kaufleuten, Wirthen, Wollenwebern, Gerbern und andern Handthierungsleuten 
bestehen, verdoppelten ihren Fleiß, um für sich und ihre Familien Unterhalt zu 
erwerben. 
Uoh am 21. Iulius bey dem Rückzug der Preußen versprach der auf kurze 
Zeit eingerückte französis<e Commandant, Obrist Marisse, den Einwohnern eine 
gänzliche Sicherheit für ihre Personen und Dermögen, hielte auch, so viel an ihm 
stand, die Soldaten von den gewohnten Unordnungen ab. 
Uun aber erschien gegen alle Erwartung der schaudervolle Tag, der 26. Julius, 
an welchem die Stadt dur< den unbegreiflichen Machtspruch eines DolkSrepräsen- 
tanten und durch die eilfertige Execution eines Generals in Schutt und Asche ver- 
wandelt wurde. 
Des Morgens um 8 Uhr sah man die Anhöhen mit Kriegsvölkern besetzt. Die 
Patrouillen kamen ruhig in die Stadt und giengen auch so zurück. Gegen 10 Uhr 
besezten einige hundert Gensdarmen nebst einer starken Anzahl Pioniers den 
Marktplaß. Sie bestanden aus Leuten, die man zuvor bei der Moselarmee no< 
nicht gesehen hatte. Der commandirende Offizier befahl dem Stadts<hultheiß, die 
Einwohner sogleich auf den Marktplaß zujammen zu berufen. Als nah geschehener 
Derkündigung durch die Schelle etwa zwanzig Bürger beysammen waren, madte 
der Commandant den Befehl bekannt, daß alle Einwohner, ohne Unterschied des 
Standes und Elters, au< die Kranken nicht ausgenommen, bey Todesstrafe binnen 
einer halben Stunde die Stadt räumen sollten. 
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