Saarlands Seele und Kultur
Von A. Z.
„Laß' se schaffe, laß' se raffe,
Laß' se holle, was se wolle,
Unser Herz, das krien se nit!“
Südrheinland ist die Heimat der ursprünglichen Fassung des Nibelungen-
liedes. Aus der düsteren Tragik der Dichtung grüßt herüber aus der grauen
Vorzeit unserer Gefilde die Reckengestalt eines Hagen. Er gilt uns Deutschen
als rauhkantiges Urbild unbeugsamer germanischer Willenskraft und unver-
brüchlicher Treue. Ein ungeschliffener Edelstein, in dem wir aber schon die
Grundzüge des saarländischen Charakters erkennen: hart im Willen, fest in
Liebe und Treue. Die rauhe Sagengestalt dürfen wir für uns in Anspruch
nehmen, denn Jahrhunderte, bevor die Romantiker das ershütternde Volks-
epos der Nibelungen in mittelhochdeutscher Fassung der Vergessenheit ent-
rissen, meldete südrheinisc<e Mär von dem grimmen Hagen, der auf der Burg
von Dhronecken, dem Tronje der Dichtung, wohnte. Nördlich von Hermeskeil
auf Dhronecken zu fließt ein Bach, den der Volksmund Hagenborn hieß, weil
dort an dem Wasser der Ritter Hagen einen König erschlagen habe. Schon
vor mehr denn tausend Jahren, die wilde Leidenschaft noch nicht g2zügelt
durch Christentum, aber geadelt dur die hervorstehendsten Charakterzüge des
Germanentums: Kampflust, Freiheitsgefühl und Treue, steht hier in dem Helden
Hagen der Heimat Seele vor uns. In ihm pulste deutsches Blut und es ist in
dem Herzen der Nachfahren nicht versickert. Wir fühlen es im tiefsten Jnnern:
Wenn alte Narben bluten und heiß die Wunde brennt,
Ersteht in uns der Recke, den man den Grimmen nennt.
Dem Unheil laßt uns trogen und kämpfen um das Recht,
Es geht um deutsche Ehre, der Freie ist kein Knecht!
Laßt flammen deutsche Treue, wenn alles uns verließ,
Wir holen aus dem Elend der Freiheit gold'nes Vließ!
Unbeugsames Freiheitsgefühl blieb noch stets der Stolz der „Saar“ seit der
Zeitenwende der Völkerwanderung, die mit dem Vordringen deutscher Stämme
über den heiligen Strom den rheinischen Volkstypus schuf. Sturm und Drang
werden nie unser ureigenes nationales Erbe auslöschen, keine Flut unserer
Leiden, keine Macht der Welt den deutschen Geist niederringen der uns beseelt.
Kein Mischvolk, wie französische Schriftsteller behaupten, lebt in der Heimat;
Rheinfranken und Moselfranken, ein sturmerprobtes Reis der deutschen Eiche,
hat hier in aller Zeiten Ungunst noch stets die Gipfel seines Wesens gewahrt:
germanis<es Volkstum. Mögen auch bisweilen des Saargebiets schwache
Fürsten, der Not gehorc<hend, nicht dem eigenen Triebe, mit den machtvollen
Königen von Frankreich paktiert haben, das Volk niemals! Unvergessen
in unseren Herzen bleibt Graf Gustav Adolf und sein stolzes Wort: „J<h will
lieber mit dem Bettelstab durch Deutschland ziehen und alles verlieren,
als dem Reich die Treue brechen.“ Niemals konnte noch so grausame Feindes-
gewalt diesen Geist ins Herz treffen und ihn vernichten.
Jahrhunderte tobt der Kampf mit dem westlichen Nachbar, und obwohl
er oft genug die Heimat in Asche legte und die bis aufs Blut gepennien
Bewohner in Verzweiflung zurückließ, germanische Willenskraft in tatenfrohem
Fleiße ließen no< immer aus allem Unheil neues Glück emporblühen. Und
no) heute wie vor Jahrhunderten bedeutet die Wacht an der Saar, dem
petit Rhin der Welsch<hen, Treue zur deutschen Seele und Kultur.
Wie einst der heimatliche Held unserer Sagen, Hagen, von der Uebermacht
der Hunnen auf der Etzelburg bedrängt, totgetreu kämpfte bis zum leßten
Sdhwerthieb, so wird uns List und Gewalt der Feinde unverzagt finden im
Gottgebot der Pflicht und des deutschen Willens.
392
vm uud