Dormwort
4 wenig frohem Empfinden muß ich diesmal
das Tausenden erwünschte Fahrbuch hinausjenden. Saarvolk und die
ihm wesensfremde Regierung stehen sich wieder einmal durch harte,
jede freie Willensmeinung fesselnde Derordnungen in unerfreulicher
Spannung gegenüber. Die Ruhe ist jedoch nirgends gestört; die sich
stets als gut diszipliniert erwiesenen Saarländer wissen, wie bigsher,
ihr Schicksal mit Würde zu tragen. Bitter empfinden sie es aber, daß
es heute neben vielen anderen, für unser Dolks- und politisches
Dereinsleben einschneidenden Maßnahmen, verboten ist, öffentlich in
Derjsammlungen, in der Presse, überhaupt durch Wort und Schrift
dem übervollen Herzen Luft zu schaffen.
Am 22. Mai 1933 hat die Regierungskommission ihre „Derordnung
zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit“ in Kraft
gejeßt. Kein Protest des Landesrats, der Presse usw. wurde berücksichtigt.
Zahlreiche nationale Blätter fühlten schon die Härte der Derfügungen
und mußten bereits auf bestimmte, manche auch auf unbestimmte Zeit
ihr Erscheinen einstellen.
Nach Artikel 9 und 13 des Erlasses ist auch die Wöglichkeit gegeben,
den verantwortlichen Derfasser einer Druckschrift sogar mit Gefängnis-
oder Geldstrafen zu belegen. Ih glaube nun nicht, daß ich mich einer
besonderen Nachsicht der leitenden Stellen zu erfreuen habe, heute so
wenig wie in den früheren Fahren. Die Prüfung der einzelnen Para-
graphen des Gesetzes bestärkt nur meine Ansicht, daß die Fassung
manche uns ebenso unliebsame wie unverhoffte Auslegung zulüßt.
ES wird großer DYorsicht bedürfen, um den Maschen dieses dehnbaren
Gesetzes zu entgehen.
Offen als Deutscher seine Meinung zu bekunden und damit an den
bestehenden Derhältnissen Kritik zu üben, ist untersagt.
Als ich las, was mir geschäh,
fror mich bis in die Knochen,
Und über'm Rücken kam mir jäh
'ne Günsjehaut gekrochen.
Die Auffassung der Regierungskommission ist grundsätzlich in der Sache
völlig verschieden von der des Saanrvolks, dessen Stimmung wahrheits-
gemüß wiederzugeben und den Uachfahren ein zutreffendes Bild zu
Üüberliefern, war bisher und bleibt die vornehmste Aufgabe des
„Sgnrkalenders'“. In der heutigen Lage erscheint dies unmöglich.