Fürstliche Soldatenspielerei in Saarbrücken
Von Walter Henne.
Walter Henne ist den Lesern des S. K. schon lange durch seine Arbeiten über heimatliche
Forschungen bestens bekannt. Jun ihrer volkstümlichen Frische haben seine Veröffentlichungen
die verdiente Aufmerksamkeit und Aufnahme gefunden. „Die Völklinger Bauernrevolte“ (Jahr-
gang 1932) und der „Dudweiler Faselstreit“ (Jahrg. 1931) beruhen auf mühevollen Aktenstudien
und sind nicht, wie man vielfach meint, Produkte schriftstellerischer Phantasie. Es fällt uns
allerdings schwer zu glauben, daß den Pfarrern zur Färstenzeit nicht allein die Sorge um
die Seelen der Gemeinde, sondern auch Eberzucht und Stierhaltung der Ortschaften anvertraut
waren. Die trokenen geschichtlichen Notizen leben3voll zu gestalten und un3 damit nahe-
zubringen, ist die Kunst Walter Henne38. So läßt er auch in der unten folgenden- Abhandlung
die Gestalten der Soldate8ka aus der Urväter Zeit, die Laune und den Größenwahn des
lezten Duodezfürsten der Saarbrücker Lande vor uns aufleben und vorüberziehen in köstlichem
Humor. Er schildert den Größenwahn Jhro Hochfürstlichen Gnaden, des Lebemann3 Ludwig,
jeine krankhafte Neigung, es Pot3dam und Paris gleichzutun, seine Soldatenspielerei nach
wahrheit8getreu festgelegter schriftlicher Ueberlieferung. Z.
as war ein. prachtliebender Herr, Se. Durchlaucht
Fürst Ludwig von Nassau-Saarbrücken. Er wußte,
was er seinem Stand schuldig war. Dazu gehörte
mehr, als nur einige Bauwerke aufzuführen. Dazu
gehörte auch mehr als ein nettes Theater, auf dessen
Bühne man sich selbst mit Wohlgefallen produzierte.
Dazu gehörte auch mehr als idas Umiformtragen und
die einträgliche Inhaberschaft der beiden Königlich-
Französischen Fremidenregimenter Nassau-Jnfanterie
und Nassau-Husaren. Dazu gehörte vor allem, daß
man selbst ein -- umd sei es auch noh so kleines --
Heer befehligte. Auch war Fürst Ludwig lange ge-
nug in Versailles und in Potsdam gewesen, um zu wissen, wie schön so eine
vichtige Parade sein kann.
Gewiß lag in der schönen Residenz Saarbrücken eine von der Grafschaft zu
[stellende Kompanie des oberrheinischen Kreisregimentes Solms-Braunfels. Man
konnte dies allenfalls eine Garnison nennen. Aber leider -- -- es waren letzten
Endes doch keine eigenen, keine Haustruppen.
. Auch war noch da die Bürger-Infanterie beider Städte, die mit mehr Wich-
tigkeit als Eleganz und Schneid bei den verschiedenen Festlichkeiten paradierte.
Sich im übrigen außerdem durh Wacheschieben an den Stadttoren = ungern
zwar -- betätigte. Ja, es gab sogar eine städtische Kavallerie, die „Kaufmanns-
kompanie zu Pferde“, die in bunter Ausstattung immerhin einen gewissen
militärischen und malerischen Eindruck erwecken konnte. Denn scharlachrote
Röcke mit goldenen Borten, gelbe Westen und ebensolche Hosen waren gerade
keine alltäglichen Uniformen. Es war immerhin ein stattlicher Anblick, wenn
sich die Kavalkade mit Trompetern und Paukern durch die Stadt bewegte.
Wenn also Fürst Ludwig, wie er schon mehvere Male im Kreise feiner Ver-
trauten mit ironischer Betonung geäußert hatte, „alles zusammenkraßte, was
an militärischen Einheiten in iden beiden Städten -- die berittenen Landgarden
nicht zu vergessen -- vorhanden war, konnte man bei bescheidenen Ansprüchen
eine leidlich zufriedenstellende Wachtparade kommandieren“.
Serenissimus waren aber keineswegs geneigt, sich mit diesen bescheidenen
Freuden zu begnügen, sondern besprachen sich ausgiebig und ernstlich mit den
maßgebenden Herren, was letzten Endes dazu führte, daß Serenissimus den
Plan entwarf, ein eigenes Grenaldierbataillon zu errichten.
Bis ins kleinste war alles zu Papier gebracht. Der Herr Fürst sah sich
shon an der Spiße dieser Elitetruppe durch die krummen und engen Straßen
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