ſind unten. Sofort mit den erſten Rettungsmannſchaften ohne Sauerſtoffgerät
bin ich eingefahren. Sc<wefeliger Qualm ſc<lägt uns entgegen. Rufen,
Schreien hört man in den Strecken. In wilder, blinder Haſt kommen aus allen
Richtungen halbangezogene nackte Knappen gerannt. „Abteilung 9. Furchtbare
Exploſion. Alles in Trümmer.“ Das iſt alles, was die furchtbar erſchreckten
Menſchen ſagen können. Langſam gehen wir vor, dem Arbeitsfeld von Abtei-
lung 9 zu. Shwach nur leuchten die Grubenlampen. Ringsum Staub und
Qualm. Wir finden idie erſten Toten. Und dann -- finde ich meine beiden
Buben. Auf der Flucht hat ſie das Gas erreicht. Sie liegen zuſammen, halten
ſich im Tod noch eng umſchlungen. Der eine hat beide Arme feſt um iden Hals
des anderen gelegt, ſo, als wollten ſie zuſammen Schuß vor dem Ungeheuer-
lichen ſuchen. Friedlich lächelnd liegen ſie beieinander. Die lächelnden Geſichter
zeigen, daß einer dem anderen doch den frühen Tod leicht gemacht hat. Und
dann habe ich meine beiden toten Buben zutage gebracht.“
Kein Wort weiter konnte ider Mann mehr ſprechen. Und vor dem tiefen
namenloſen Leid, vor dem ſchaurigen Erleben des armen Vaters war es zweck-
los, Worte des Troſtes zu ſuchen.
Hart und ſchwer hatte es den Mann gepackt. Er war an dem einen Tag
alt und grau geworiden. Und doch ein harter Bergmann -- ein echter Knapps.
Kameradſchaft.
Ein furchtbares Beben geht dur< den Berg. Staub und Qualm erfüllen
Streken und Querihläge. Die Lampen erlöſchen. Erſchroken und dunkel
ſtehen die Knappen. Etwas Schreckliches muß paſſiert ſein. Shweflig beißender
Qualm ſteigt auf, zieht mit der Luft durch die unterirdiſchen Gänge, füllt die
Lungen und macht- das Atmen ſchwer. Ekler Brandgeruch geſellt ſich hinzu.
Jeder weiß, was das bedeutet.
Ein Laufen hebt an. Ein Rennen und Haſten ums nackte Leben, und der
Tod läuft mit um die Wette. Keuchend und ſtampfend rennen die Leute den
Hauptſtrecken, dem freien Wetterſtrom zu. Keine Zeit, um den abgelegten
Schweißkittel zu greifen, keine Zeit, um irgend etwas mitzunehmen. Halb an-
gezogen, teilweiſe ohne Schuhe und Strümpfe, läuft alles. Jeder warnt und
ruft, um abſeitsſchaffende Kameraden auf die drohende Gefahr aufmerkſam
zu machen.
Jäh wird der Lauf unterbrochen. Umgeſtürzte Kohlenwagen, ein nieder-
gegangener Bruch verſperren iden Weg. Zurück, wieder zurück ins Verderben.
Ein anderer Weg muß eingeſchlagen werden. Hier geht's nicht weiter.
Plößlich ein leiſes, unterdrücktes Stöhnen. „Du, Kumpel, langſam, ein
Kamerad liegt hier. Wir müſſen ihn mitholen, denn hier ſucht und findet ihn
niemand. Komm, hier im Querſchlag muß es ſein.“ Verteufelt, hier ſteht auch
noh Gas. „Halt, dort muß er liegen, ſeine Lampe brennt noch. Gott ſei Dank,
wenigſtens eine Lampe.“ „Kumpel, Waſſer,“ iſt das erſte, was der Verleßte
verlangt. Und troß der immer ſtärker werdenden Gefahr geht einer mit der
Lampe auf Waſſerſuche.
Schwer verbrannt iſt der Verletzte, an Gehen oder Tragen nicht zu denken.
Die Strecken ſind zu niedrig.
Gierig “<hlürft der Verletzte das ſchale Waſſer. Ein Kohlenwagen wird
aufgeſtöbert, der Verletzte, ſo gut es eben geht, hineingebettet, und unter
ungeheuren Anſtrengungen fahren die zwei Knappen ihren verletzten Kamera-
den zum Förderſchacht.
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