Full text: 1932 (0010)

Die erſten Dorläufer der deutſchen Bauernbefreiung. 
Von Dr. Oskar Barth, Bankdirektor in Gotha. 
Die nachſtehend geſchilderten Vorgänge (haben ſich im ſüdlichen Teile 
ides vormaligen Fürſtentums Birkenfeld zugetragen. [Wenn ſie gleichwohl 
im „Saarkalender“ Aufnahme finden, ſo geſchieht es deshalb, weil dabei 
die Namen zweier Saarbrücker Familien vine beſondere Rolle ſpielen. 
Die 'Ausführungen gründen ſich teils auf das 'Archiv der Grafen Eckbrecht 
v. Dürckheim-Montmartin in Steingaden (Bayern), teils auf die 'Ermitte- 
lungen des früh. Pfarrers von Sötern, des Herrn Kirchenrat Bonnet in Jdar. 
An der Bahnſtrecke Türkismühle Hermeskeil liegt das Dorf Sötern, das 
bis zum Beginn des vorigen Jahrhunderts der Hauptort einer ſelbſtändigen 
ſogenannten kleinen Herrſchaft war. Dieſe umfaßte weiterhin u. a. die Nach- 
barorte Boſen und Schwarzenbach. Sötern, Boſen und Schwarzenbach bilden 
bis auf den heutigen Tag eine einheitliche Kirchengemeinde. Mit dem Aus- 
ſterben der Freiherren v. Hunoltſtein war die Herrſchaft im Jahre 1716 an 
die auc< anderwärts begüterten Freiherren und ſpäteren Grafen Eckbrecht 
v. Dürckheim-Montmartin gefallen, denen der bekannte frühere Vorſitzende 
des Deutſchen Flottenvereins in Hannover entſtammte und die den Ruhmes- 
titel der erſten deutſchen Bauernbefreier für ſich in Anſpruch nehmen dürfen. 
In Schwarzenbach beſaß die Herrſchaft ſieben Güter, mit denen Bauern- 
familien erblich beliehen waren, derart, daß !1das Gut in ſeiner Geſamtheit 
nur einem Sohne vererbt werden durfte. Gegen dieſe Verfügungsbeſchränkung 
und die Rückforderung eines aufgeteilten achten Gutes dur<h das 'Haus 
v. Dürckheim richteten ſich im Jahre 1747 „Vortrag Remonſtration“ der ſieben 
Erbpächter mit dem Erfolge, daß ihnen laut Urkunde vom 28. und 30. De- 
zember 1747 gegen eine entſprechende Ablöſung die Güter „auf zukünftige 
und ewige Zeiten“ zu Eigentum und freier Verwaltung mit dem Rechte der 
Veräußerung und Verpfändung überlaſſen wurden. Im übrigen durften da- 
durch die Rechte und Befugniſſe der Landesherrſchaft „nicht den mindeſten 
Abbruch“ erfahren. Es verdient feſtgehalten zu werden, daß ſo weitgehende 
Zugeſtändniſſe bis dahin nicht einmal Preußens weitblickende Könige ihren 
Domanialbauern gemacht hatten. 
Eine dieſer ſieben Bauerngutsbeſißer von Schwarzenbach war der um 
1695 geborene Nikolaus Barth. Er i.t der Ttammvatzer der ſeit 
genau 149 Tahren nunmehr in der 5. VLeneration auf der 
Saarbrücker Scholle ſißenden Familie Barth. 
Ein Menſchenalter ſpäter finden wir ſeinen Sohn Johann Michael auf 
einem der ſogenannten 12 großen Höfe in Sötern. Die Inhaber dieſer gleichfalls 
der Herrſchaft gehörenden zwölf Höfe bildeten die eigentlihe Gemeinde und 
hießen Gemeinsleute im Gegenſatze zu den Hinterſaſſen (Kleinbauern). 
Im Jahre 1776 fragte nun das Grafenhaus bei ſeinem Amtmanne in 
Sötern an, wie es komme, daß die Gemeinde Sötern nicht wie andere Ge- 
meinden der Umgebung an Einwohnerzahl zunehme. Die Antwort des Amts- 
mannes lautete, die Urſache ſei im weſentlichen darin zu erblicken, daß die 
zwölf Höfe nicht mehr Leute ernähren könnten, da nur der älteſte Sohn 
Erbrecht genieße, und die übrigen Geſchwiſter, die niht gerade als Dienſtboten 
auf den Gütern eintreten wollten, gezwungen wären, anderweit einen Beruf 
zu ſuchen. Deshalb ſchlug der Amtmann vor, die Höfe den Jnhabern Zu 
Eigentum zu belaſſen und die Verteilung unter die Kinder zu ge- 
nehmigen. Auch dieſen Vorſchlägen gab das Haus Ekbrecht v. Dürckheim- 
Montmartin in hochherziger Weiſe ſtatt, und bereits 1782 waren die erſten 
Flurbücher angelegt. 
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