Die Berbacher Revolution.
Von Karl Franz.
Am 30. Hpril 1849 erklärte die bayriſche Regierung, daß ſie weder die deutſche
Reichsverfaſſung no< die „Grundrechte des deutſchen Dolkes“, wie: Preſſefreiheit,
Shwurgericht, Dolksbewaffnung, Uationalvertretung, Aufhebung aller Ausnahme-
geſeße, Gleichſtellung der religiöſen Bekenntniſſe, Derſammlungs- und Dereins-
freiheit, die dur< die Frankfurter Uationalverſammlung verkündet wurden, aner-
kenne. Die überwiegende Ulehrheit der pfälziſmQen Beamten und über 2000 UMlann
Beſaßungstruppen von Candau und GermersSheim traten daraufhin auf die Seite
des Yolkes. Em 17. Wai beſchloß die Dertreterverſammlung von 28 pfälziſchen
Kantonen in Kaiſerslautern die Lostrennung der Pfalz von Bayern und wählte
die ſogenannte „proviſoriſche Regierung“, eine Kommiſſion von fünf Köpfen, der
auh der Begründer der Frankenholzer Bergwerksgeſellſhaft, der Advokat Auguſt
Ferdinand Cullmann von Zweibrücken, ehemals Dertreter des Kreiſes Landau im
Frankfurter Parlament, angehörte. Dieſe neue Regierung erließ einen Aufruf an
das Doik „für die Freiheit und Einheit des deutſhen Dolkes“. Auf allgemeinen
Befehl mußten die Schmiede der Pfalz raſh Senſen als Waffen anfertigen, die den
„FreijGarlern“. auch „Senſenmänner“ genannt, ausgehändigt wurden.
Die Wellen des Aufruhrs und Umſturzes wurden au< in die bislang ſtillen
Ortſchaften des Weſtrichs getragen. Der Friede der ſ<malen Dorfgaſſen wurde
dur< das Geſchrei fanatiſ<er FreiheitShelden jäh geſtört. Wie in allen größeren
Orten, bildeten ſich au in den Bexbachdörfern ſogenannte „Freikorps“. Das Frei-
korps in Mittelbexbach ſtand unter der Leitung von Friedrich Franz, Sylveſter
Büdle, Joſeph Lupp, Matthias Schirra und Peter Vlalter. In Oberbexbach fungierte
der Deſerteur Ludwig Steßer als Orts5kommandant. Seinem Befehle unterſtanden
Jakob Sdmelzer, Jakob Wagner, Jakob Hennes und Uikolaus Breit als Kor-
poräle. Cin damaliger Gerichtsvollzieher von Waldmohr, im Dolke nur der „glütig
Haſpel“ genannt, bekleidete im Auftrage der proviſoriſchen Regierung das Amt
eines „Kommiſſars“. Er legte Brandſ<haßung auf, requirierte Fuhren und forderte
unter Androhung ſc<werer Strafen die jungen Ceute zum Eintritt ins Freiſharen-
beer auf. Dieſe Erpreſſungen und Zwangsmaßnahmen ſprechen nicht dafür, daß bei
der Bevöikerung unſerer Gegend die Wellen revolutionärer Begeiſterung beſonders
hod) ſmlugen. Obwohl allerlei „Freiheitsmänner“ das Feuer des Lufruhrs unter
trügeriſchen Verſprehungen und ſchweren Strafandrohungen künſtlich zu ſchüren
juchten. blieben unſere Bewohner, damals der Hauptſac<e na< no<H AKkerbauern,
zumeiſt beſonnen und ruhig. Die ganze, von auswärts hergetragene Bewegung
erzeugte bei ihnen nur Ulißtrauen und fand demgemäß keinen Anklang. Der Bauer
wollte nam? den teueren Iahren 1846-47 in Ruhe ſein Feld beſtellen und man<
tätiger Familienvater der dur; den Bahnbau Cudwigshafen--Ueunkir<hen ge-
botenen Derdienſtmöglichkeit ebenſowenig verluſtig gehen wie die Bergleute ihres
Poſtens auf der ſtaatlichen Bexbac<her Grube. Diele junge Männer hielten ſich
verborgen, um ſich) der Einreihung in das Freikorps und militäriſchen Uebungen
zu entziehen. Aud) die Zugtiere, vornehmlich Pferde, wurden in abgelegenen Wald-
ſ<luchten und Dickichten verſteckt gehalten, damit ſie zu Spanndienſten nicht requi-
riert werden konnten.
Da die zur Finanzierung der DolkSerhebung geſammelten Gelder -- in der
Pfalz wurden im ganzen nur 12738 Gulden aufgebra<t -- in keiner Weiſe
genügen konnten, verſuchten die Senſenmänner niht ſelten Eingriffe in Privat-
und Geſellſ<aftskaſſen. Welche Erfolge ihnen dabei mitunter beſchieden waren, zeigt
folgende Epiſode in Mittelbexba<: Der „glütige Haſpel“ verlangte eines Tages
von dem Kaſſierer der Grube Bexbach im Uamen der proviſoriſchen Regierung die
Aushändigung der Grubenkaſſe. Dem Kaſſierer gelang die Derhinderung dieſes
Raubes, indem er, ſcheinbar auf das Anſinnen Haſpels eingehend, dieſen bat, ſich
jolange zu gedulden, bis er Rechnung geſtellt habe; denn zuerſt müſſe er die
“es
wä ;