Full text: 1931 (0009)

Erlegung von drey Gulden angewieſen worden ſeye, immaßen ein jeder Unterthan, 
welcher zum erſtenmahl heuratet, entweder eine annehmliche 
Probe im Schreiben ablegen, oder wegen ſeiner deßfalſigen Un- 
erfahrenheit drey Gulden zum Saarbrücker Hoſpital bezahlen 
muß.“ „Tue Geld in deinen Beutel“, dies Wort Jagos fühlt man in allen Verord- 
nungen zur Fürſtenzeit, ſelbſt die Dummheit muß bieder und redlich bezahlt werden, 
obwohl ein uraltes Sprichwort ſagt: Dummheit iſt eine Gottesgabe, aber man ſoll ſie 
nicht mißbrauchen. Hier aber unterliegt ſie einer direkten Beſteuerung, die damals wohl 
als reht einträglich erkannt und deshalb auch eingeführt worden iſt. 
Unglaublich, aber wahr. 
Einzigartig ſind in dieſen alten Blättern die Anzeigen über Verſteigerungen. In 
keiner Sammlung von alten Preſſeerzeugniſſen habe ich ähnliches geſehen. Man kann 
nicht begreifen, warum eigentlih -- man höre und ſtaune -- in Saarbrücken bei be- 
liebigen Verſteigerungen der Verleger ſtets in jeder Nummer ſeines Blattes 
handſchriftlich mit Tinte die Ankündigung unterſchreiben und 
der Bürgermeiſter wiederum eigenhändig auf jedem einzelnen 
Blatt die Richtigkeit der Unterſ<4rift behördlich beſtätigen 
mußte. Wir bringen hier ein fakſimiliertes Blatt gekennzeichneter Art, das gewiß 
allgemeinem Intereſſe, aber au<ß zugleich allgemeinem Kopfſchütteln begegnen dürfte. 
Wel<' beamtete, hölzerne Knopfgabel mag in Saarbrücken dieſe ſeltſame Preſſefeſſel 
erdacht und geſetzlich für nötig, nüßlich und angenehm gehalten haben! Sie erbringt in- 
deſſen den Beweis, daß die Auflage ganz gering geweſen ſein muß. Beſtände dieſe weiſe 
Vorſchrift heute noh, ſo müßten die drei Verleger der Stadt Saarbrücken täglich ins- 
geſamt mindeſtens 100 000 mal ihre Namen ſchreiben, der Oberbürgermeiſter täglich mit 
eigenhändig eingetragenen 200 000 Zeilen deren Richtigkeit beſcheinigen und daneben 
100 000 mal auf idem Holzpapier der Zeitungen „Nam und Art“ kraftvoll, wie es ſich als 
Oberhaupt geziemt, darunterſezen. Bei dem Gedanken werden ſich ihm die Haare 
ſträuben und der Schlummer fliehen. Ein düſterer Schatten fliegt über die ſog. gute, alte 
Zeit für alle, die ihr heute noh nachwimmern. 
Dererſteſaarländiſche Redakteur. 
Oft hing ich dem Gedanken nach, wer wohl des Saargebiets erſter Redakteur ge- 
weſen ſei, wen unſere Zunft als den Mann verehren könne, der mit heilbringender, 
unheilvoller Feder und einem Heer unſcheinbarer Bleiſoldaten der Macht der öffentlichen 
Meinung hier den Weg bereitet habe. 'In dem „JIntelligenz-Blatt des Kreiſes Saar- 
brücken“ vom Freitag, 4. September anno domini 1818 iſt mir Heil widerfahren. Dort 
verkündet die Firma Hofer, daß jeder, der abhanden gekommene Nummern des Blattes 
ergänzen wolle, ſich an Herrn Kreisdirektor Haupt zu wenden habe, der das 
Intelligenzblatt redigiere. Für Freiheit und Volksrechte, wie es die Berufs- 
ehre fordert, konnte er allerdings weder ſeine Feder, noh ſeinen Solinger Mitarbeiter 
ſHwingen. Der alte Herr im weißen Vatermörder war gewiß ein hoc<hehrenwerter 
Kollege, aber ein Sohn ſeiner Zeit d. h. der Vertreter einer abſolutiſtiſchen Regierung. 
Er mußte demnach mit allen Regeln der Kunſt nach der Melodie tanzen, wie ſie ihm 
Berlin und der Regierungsſiz Trier vorpfiffen. Immerhin, er iſt der Erſtling unſerer 
Sippe, für uns der Prometheus der „Saar“, deſſen Feuer, ein beſcheidenes Lichtpünktc<hen, 
nah vielen Jahrzehnten machtvoll aufleuchten ſollte. Kreisdirektor Haupt, der 
erſte Redakteur unſerer heimatlichen Gefilde. Er ſette hier die Pflug- 
ſhar an und ſtreute einen Samen, der in der Zeitenfolge allen Unbilden troßte und zu 
einer vielumſtrittenen, aber tatſächlich großen Volkswacht und Volksmacht heranreifte, 
der ſich niemand mehr entziehen will, noh kann. No< ruht in Saarbrücken auf Böden 
und Kammern in Kiſten und Käſten viel verſtaubtes Gut aus alter Zeit. Vielleicht 
findet ſi in dem reichen Bildergerümpel das Bild des Mannes, der uns Journaliſten 
verehrungswürdig iſt als der Abraham ſeiner unruhvollen Nachfahren. Hätte ich ſein 
Konterfei, iH würde es feierlich in gebrannt und gepunztem Rahmen über meinen 
Schreibtiſch hängen. Wüßte der Saarpreſſeverein ſeine Ruheſtätte, ein ſchönes Denkmal 
würde ſie ſ<mücken: „Dem erſten journaliſtiſchen Quälgeiſt ſaarländiſcher Menſchheit. 
Die dankbaren Kollegen des 20. Jahrhunderts.“ 
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