Ein enijant terrible. L. R. ſchreibt: „Alle Eltern halten ihre Kinder für ausnehmend
kluge Geſchöpfe, damit muß man ſich abfinden. Mein Aelteſter macht natürlich keine
Ausnahme. Als echter Saarländer beſißt er ſcharfe Beobachtungsgabe. Urteilen Sie ſelbſt.
Weihnachtsabend, „Und Friede auf Erden“ erklingts. „Stimmt nicht,“ ſagte er, „Mutti --
erzählte uns doch ſo viel von den 250 Luftangriffen auf Saarbrücken, da ſolltet ihr doh
ſingen „Friede auf Erden und in der Luft!“ Der Junge beſieht ſich dann das ihm ge-
ſh<enkte Bilderbuch, und ich erzähle von dem alten Volksglauben, nach dem die Tiere
in der Chriſtnac<ht zu uns ſprechen. „Ja,“ ſagt der Bengel, „das glaub' ich, aber bis jetzt
nur voii der ſchön gebratenen Weihnachtsgans.“ I< liebe das Weihnachtsfeſt, ich bin der
glücklich, unglückliche Mann, dem die Gattin am Heiligen Abend vor vier Jahren Zwil-
linge ſchenkte. Jh ſaß in meinem Arbeitszimmer und hörte in nervöſer Erregung vom
Domchor geſungene Weihnachtslieder. Plößlih wurde die Türe aufgeriſſen, „gratuliere,
gratuliere, das ſchönſte Geſchenk vom Chriſtkind iſt gekommen: Zwillinge!“ Sollt' ich
lachen, ſolit' i< weinen, in dieſem Moment des Schreckens tönt es feierlih aus dem
Röhrenapparat: „Alle Jahre wieder kommt das Chriſtuskind.“ Seitdem will ich nichts
mehr vom Radio wiſſen.
Aus dem Gerichtsſaal. Ein Be ſüehor einer Gerichtsverhandlung ſchreibt: Eine heute
erlebte Szene wird den „S.-K.“ erfreuen: Der Anwalt zu einem Zeugen, einem kleinen
Männchen: „Sie wollen hier behaupten, den Vorgang zwiſchen dem Kläger und Ange-
klagten genau beobachtet zu haben. Jh weiſe nur darauf hin, daß der Zaun mindeſtens
zwei Meter hoh iſt Alſo, es iſt klar, wie wir Ihre Ausſage zu werten haben. Was
jagen Sie nun?“ Der von Natur in ſeinem Wuchſe ſtiefmütterlich behandelte Zeuge:
„Nee, drüber lugen Kkunnt' ich nit, awwer im Zaun war e Loch!“
Die Tante aus Saarbrücken. Aus Ottweiler. Meine ältere, unverheiratete Schweſter
erſcheint zur beſonderen Freude meiner beiden ſe<h5- und achtjährigen Kinder zum Beſuch.
Sofort wird ſie zum Kaninchenſtall geführt, um dort pflihtſ<uldig Familienfreuden zu
bewundscn. Elly fragt: „Du, Tante, haſt Du auch Kinder?“ „Nein.“ „Oooh, wirklich
nicht?“ „Jem.“ Darauf Kurt, Lieschen heimlich anſtoßend: „Du, Elly, Tante iſt ein
Männchen!“
. Sonny boy. Der „S.-K.“ erhält nachſtehendes Schreiben: Ih ſike am 24. Juni mit
meiner, allerdings rührſeligen Freundin im Union-Theater, „Singing fool“ und der
„Sonny boy“ erſchüttern auch das gefühlvolle weibliche Herz. Sie vergoß Ströme von
Tränen. Nac<g dem erſten Akt biete ih ihr an Stelle ihres vollſtändig vurc<hnäßten
Taſchenlucges mein Reſervetuch an, worauf ſie unter Shluchzen hervorbringt: „Ach, laſſ'
nur, der zweile Akt geht auch noh rein!“
Zactes Entgegenkommen. Es war in der Zeit der drückendſten Militärherrſchaft
unter dem magenkranken und galligen franzöſiſchen General Wirbel, der mit ſeinem
Sarras dem Saarvolk das Evangelium der hohen galliſchen Kultur beizubringen gedachte.
Mit ſeivem Säbelgeraſſel ließ er aber hier im potitiſcgen Spiel joſort alle Trümpfe
unter ien Tiſch fallen, die ſein Vorgänger, der kluge General Andlauer, wenigſtens in
2er Hanno zu haben glaubte. Ein mit allem Raffinement aufgezogener Spionagedienſt
unterrichicie dabei die Fremden über jede ihnen unliebſame Aeußerung in der Oeffent-
lichkeit. Und ein unbedachtes Wort hatte damals ohne weiteres die Verbannung zur
Folge. Dieſe Lage müſſen wir uns in die Erinnerung rufen, um die nachfolgende Szene
in das rechie Licht zu ſeen. Ueberall, wo ſie nur konnten, hatten die Franzoſen mit
dicken Maurerpinſeln für die guten alten neue Namen hingeſtrichen wie: Kaſerne
Mangin, Petam uſw. Nun ſollte auch Saarbrücken drangehen und der Stadt wenigſtens
äußerlich e:nen franzöſiſchen „Anſtrich“ geben durch Umbenennung einiger Straßen. Der
franzöſiſc<e Antrag kommt im Stadtrat zur Verleſung. Man iſt empört über die törichte
Zumutung, nur ein Stadtrat behält ſeinen Humor. „39 meine,“ äußert er ſich, „wir
können da den Herrſchaften entgegenkommen. Jn der nach dem braven deutſchen General
Zaſtrow benannten Straße haben ſich die Franzoſen zum Aerger der anſtändigen Bürger-
ſchaft 'Freudenhäuſer einrichten laſſen. Jh ſchlage vor, wir laſſen hier den würdigen
Namen fallen und taufen die Straße um in Rve de 1a grande nation!“ I en
und Zuſtimmung, aber man ſieht doch von dem gewiß gut gemeinten Vorſchlag ab, um
iolgenſ<weren Unannehmlichkeiten aus dem Wege zu gehen.
Schlogfertig war der alte Bonkier Braach, von deſſen Geiſt nog manche treffende
Antwort in der Bevölkerung kurſiert. Einmal ſtößt der ſehr kurzſichtige kleine Herr
im Geſellſcha'tsraum des „Rheiniſchen Hofes“ gegen einen reichlich angetrunkenen Reiſen-
den, der ſofort aufbrauſt: „Sie ſind ein alter Flegel!“ Braach: „Na, Sie ſind doch
auc) nicht viel jünger!“ -- Br. tadelt einen Angeſtellten, der vergeſſen hat, eine Be-
ſtellung auszurichten. „Es gibt Kleinigkeiten,“ wird ihm von dem Getadelten erwidert,
„die dem Gedächtnis allmählich entſchwinden,“ „Mir ſcheint hier, Ihr Gedächtnis iſt
die Kleinigkeit. die allmählich entſchwindet.“
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