Full text: 1931 (0009)

Treuegelöbnis an Hindenburg und an eine Reihe 
prominenter Perſönlichkeiten im Reich und in der 
Provinz. Die dritte große nationale Manifeſtation 
jeit 1918 verlief in voller Ruhe und Würde. Alle 
Ortſ<aften prangten bis auf die lezte Hütte im 
Flaggenſ<mud. Troſt und Grüße an die Saar 
füllen mehrere Spalten in der Preſſe. 
Am geſtrigen Tage zogen na< Errichtung des 
Zentralpoſtgebäudes zum leßten Male die mit 
Pferden beſpannten Poſtwagen dur< die Straßen. 
Das Zubringen der Pakete erfolgt von nun ab 
dur< elegante Poſtautos. 
Juli: Ein Kulturſkandal. Die Regierungs- 
kommiſſion verhöhnt die deutſ<en Elternrechte 
und ſteht im Dienſte der franzöſiſchen Offenſive 
gegen die deutſ<e Sdhule. Die Regierungs- 
kommiſſion leitet ſogar eine Unterſuchung gegen 
Geiſtlihe und Cehrer ein, die dem unerhörten 
Dru der Franzoſen auf arme Eltern entgegen- 
treten. Die Französlinge zwingen dieſe, ihre 
Kinder in die Domanialſchulen zu ſc<i>en. Der 
Staatskommiſſar Kuchenbed>er erklärt unter dem 
Gelächter des LCandesrates, die Regierung wiſſe 
von ni<ts! Der erneute Angriff zeigt, daß 
Frankreich ſeine Hoffnung auf Annektion des 
Saargebiets no<& ni<t aufgegeben hat. =“- Auf 
die geforderte volle Zurükziehung des heute 
ganz zweckloſen Bahnſchußes antwortet Kuchen- 
be>er, er könne darüber nichts jagen, da der 
Präſident verreiſt ſei. 
Juli: Im Rahmen der Trierer Befreiungsfeier 
wird die diesjährige groß angelegte und glänzend 
dur<geführte 10. Tagung der Saarvereine am 
5. und 6. Juli abgehalten. 
Juli: Die franzöſiſc<e Ausfuhr nac< dem Saar- 
gebiet, die 1928 no< 1,3 Milliarden betrug, iſt 
im vergangenen Jahre weſentlic< zurückgegangen, 
die deutſche auf 852 Millionen Franken geſtiegen. 
Juli: Der Kampf um die Zurückziehung der 
Bahnſ<hußtruppe geht weiter. Die zuſtändigen 
Stellen in Berlin ſind der Auffaſſung, daß die 
Regierungskommiſſion das Re<t und au< die 
Pfli<t habe, die Truppe (Franzoſen und Belgier) 
heimzuſhiken. Pariſer Preſſeſtimmen meinen, eine 
Derminderung liege im Reiche der Möglichkeit, 
do<h müſſe die ſaarländiſche Regierung ſi< darüber 
mit dem Genfer Rat in Derbindung ſeen. Die 
Rehtspreſſe verlangt volle Beibehaltung des Bahn- 
ſhußes, um die „mit Frankreich ſympathiſieren- 
den Saarbewohner vor Brandſhaßung und Mord 
zu ſchüßen“. 
Dertagung der Pariſer Saarverhandlungen. In 
der gemeinſamen Erklärung heißt es, diploma- 
tiſ<; ausgedrü>t, über den Kernpunkt, die Zoll- 
und Grubenfrage: „Es iſt feſtgeſtellt worden, 
daß über gewiſſe Fragen, die von beiden Regie- 
rungen als weſentlich angeſehen werden, nach wie 
vor ſehr ernſte Meinungsverſchiedenheiten be- 
ſtehen. Mit Rückſicht hierauf iſt in beiderſeitigem 
Einvernehmen in Ausſiht genommen worden, die 
Derhandlungen demnächſt zu ſuspendieren.“ Die 
Wiederaufnahme werde, wenn mögli, im 
Oktober erfolgen. Im Dolke faßt man dieſe Er- 
klärung als S<hluß der Debatte auf und hat 
keinen anderen Ausgang erwartet. 
Juli: Der Haushaltplan der Stadt Saarbrücken 
ſ<ließt nam dem Doranſ<lag in Ausgabe und 
Einnahme mit rund 203,9 Millionen Franken ab. 
Juli: Der ehemalige Präſident des Saargebiets, 
der unſelige Bedränger und Bedrüder unſerer 
Heimat, Dictor Rault, iſt in Paris im Elter 
von 73 Jahren geſtorben. Er iſt tot, da ſ<weigt 
ver Haß, aber unvergeſſen bleiben ſeine Sc<and- 
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Juli: Die franzöſiſMe Linkspreſſe ſagt mit 
vollem Re<t: Die Sqhuld an dem Sdeitern der 
Saarverhandlungen tragen einzig und allein 
franzöſiſ;e ſ<werinduſtrielle Kreiſe, ſie fordern 
die Preisgabe der Saargruben ohne die geringſten 
Gegenleiſtungen. =<- Unabhängige engliſche Blätter 
bezeichnen die Forderung der Franzoſen in der 
Grubenfrage als „unbegründet und unvernünf- 
tig.“ 
Juli: Tiefe Kniebeuge der Regierungskommiſſion 
vor Paris. Sie beſchließt ni<t, den völlig über- 
flüſſig gewordenen Bahnſ<uß na< Hauſe zu 
ſchien, ſondern nur, die Zahl der Truppe von 
650 auf 250 herabzuſezen und die jekt geradezu 
ſinnloſe franzöſiſche Eiſenbahnkommiſſion zu redu- 
zieren. Dieſe iſt na7 der Rheinlandräumung nur 
no< ein Klub von gut bezahlten Arbeitsloſen. 
Juli: Die franzöſiſc<e Propaganda läßt im Saar- 
gebiet Poſtkarten verbreiten gegen den „Berliner 
Shwindel“ einer für Deutſchland günſtigen 
Dolksabſtimmung. Au< dieſen Propaganda-Ulk 
laßt ſtillvergnügt uns buen. 
Juli: Im Saargebiet 1929 weniger Geburten, 
mehr Sterbefälle. Geburtenüberſ<huß 8021 (9259), 
Todesfälle 8583 (7924). Eheſhließungen 7403 (7456), 
Lebendgeburten 16 604 (17 183). =- Kuflöſung des 
Reichstags, Ueuwahlen am 14. September. 
Juli: Die Anſic<t Berlins über die Derminderung 
des Bahnſchußes: Die Truppe hat ihre Aufgabe 
erfüllt, die Derbindung Frankreihs mit der 
Rheinlandbeſaßung aufre<t zu erhalten. Die 
Sicherung der Militärtransporte fällt fortan weg. 
Aus dieſem Grunde muß der Bahnſchutß ver- 
ſ<winden. In Genf wird man ſic< darüber aus- 
ſprechen. 
Es beginnen die Hindenburgtage am Rhein mit 
dem Beſu von Speyer. -- Deutſ<e Evangeliſche 
Dolkswo<he an der Saar vom 19,--27. Juli be- 
ginnt mit einer Reihe von Dorträgen in Ueun- 
kir<en. 
Juli: „Graf Zeppelin“ überfliegt auf einem 
Rundflug von Ueuſtadt aus in dieſem Iahre zum 
zweiten Male das Saargebiet unter hellem Iubel 
der Bevölkerung. 
Iuli: Dur< fur<tbares Unglü& in Koblenz, 
Zuſammenbruch der Pontonbrücke über die Moſel. 
wird die weitere Fahrt Hindenburgs nac< Trter 
und Aachen jählings unterbro<en. Tief ergriffen 
und erſ<üttert vernehmen wir, daß die 
Kataſtrophe 40 Opfer gefordert hat, verleßt 
wurden 24 Perſonen. 
Das „Journal des Debats" fordert in der 
Saarfrage eine Aenderung in den Abſtimmungs- 
vorſchriften, die es ermöglichen würde, wenigſtens 
einen Teil des Saargebiets für Frankreich zu 
retten, wenn nicht, ſo müßte auf alle Fälle die 
ſogenannte Treuhand alias das Dölkerbunds- 
regime erhalten bleiben. 
Juli: Die Regierungskommiſſion verbietet dem 
Derein ehemaliger 132er gelegentlih ſeiner 
Fahnenweihe, den JFeſtakt auf dem Friedrichs- 
plaß abzuhalten und den Feſtzug nac< einem 
Cokal am Raſtphul dur<zuführen. 
Juli: An 20 Orten des Saargebiets beſtehen 
Domanialſ<hulen, die von ungefähr 1500 Kindern 
beſucht werden. Ueben den Kindern der franzöſt- 
ſ<en Gruben- und Zollbeamten darf man etwa 
1000 deutſ<e Sdqüler zählen. 
Juli: Aus einem Bericht des franzöſiſ<en Senats 
erfährt man, daß der ſaarländiſchen ſogenannten 
Treuhand auf ihre evtl. Anforderung ſofort zwet 
Infanteriebataillone in ForbaM und St. Avold 
zur Derfügung ſtehen.
	        
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