Treuegelöbnis an Hindenburg und an eine Reihe
prominenter Perſönlichkeiten im Reich und in der
Provinz. Die dritte große nationale Manifeſtation
jeit 1918 verlief in voller Ruhe und Würde. Alle
Ortſ<aften prangten bis auf die lezte Hütte im
Flaggenſ<mud. Troſt und Grüße an die Saar
füllen mehrere Spalten in der Preſſe.
Am geſtrigen Tage zogen na< Errichtung des
Zentralpoſtgebäudes zum leßten Male die mit
Pferden beſpannten Poſtwagen dur< die Straßen.
Das Zubringen der Pakete erfolgt von nun ab
dur< elegante Poſtautos.
Juli: Ein Kulturſkandal. Die Regierungs-
kommiſſion verhöhnt die deutſ<en Elternrechte
und ſteht im Dienſte der franzöſiſchen Offenſive
gegen die deutſ<e Sdhule. Die Regierungs-
kommiſſion leitet ſogar eine Unterſuchung gegen
Geiſtlihe und Cehrer ein, die dem unerhörten
Dru der Franzoſen auf arme Eltern entgegen-
treten. Die Französlinge zwingen dieſe, ihre
Kinder in die Domanialſchulen zu ſc<i>en. Der
Staatskommiſſar Kuchenbed>er erklärt unter dem
Gelächter des LCandesrates, die Regierung wiſſe
von ni<ts! Der erneute Angriff zeigt, daß
Frankreich ſeine Hoffnung auf Annektion des
Saargebiets no<& ni<t aufgegeben hat. =“- Auf
die geforderte volle Zurükziehung des heute
ganz zweckloſen Bahnſchußes antwortet Kuchen-
be>er, er könne darüber nichts jagen, da der
Präſident verreiſt ſei.
Juli: Im Rahmen der Trierer Befreiungsfeier
wird die diesjährige groß angelegte und glänzend
dur<geführte 10. Tagung der Saarvereine am
5. und 6. Juli abgehalten.
Juli: Die franzöſiſc<e Ausfuhr nac< dem Saar-
gebiet, die 1928 no< 1,3 Milliarden betrug, iſt
im vergangenen Jahre weſentlic< zurückgegangen,
die deutſche auf 852 Millionen Franken geſtiegen.
Juli: Der Kampf um die Zurückziehung der
Bahnſ<hußtruppe geht weiter. Die zuſtändigen
Stellen in Berlin ſind der Auffaſſung, daß die
Regierungskommiſſion das Re<t und au< die
Pfli<t habe, die Truppe (Franzoſen und Belgier)
heimzuſhiken. Pariſer Preſſeſtimmen meinen, eine
Derminderung liege im Reiche der Möglichkeit,
do<h müſſe die ſaarländiſche Regierung ſi< darüber
mit dem Genfer Rat in Derbindung ſeen. Die
Rehtspreſſe verlangt volle Beibehaltung des Bahn-
ſhußes, um die „mit Frankreich ſympathiſieren-
den Saarbewohner vor Brandſhaßung und Mord
zu ſchüßen“.
Dertagung der Pariſer Saarverhandlungen. In
der gemeinſamen Erklärung heißt es, diploma-
tiſ<; ausgedrü>t, über den Kernpunkt, die Zoll-
und Grubenfrage: „Es iſt feſtgeſtellt worden,
daß über gewiſſe Fragen, die von beiden Regie-
rungen als weſentlich angeſehen werden, nach wie
vor ſehr ernſte Meinungsverſchiedenheiten be-
ſtehen. Mit Rückſicht hierauf iſt in beiderſeitigem
Einvernehmen in Ausſiht genommen worden, die
Derhandlungen demnächſt zu ſuspendieren.“ Die
Wiederaufnahme werde, wenn mögli, im
Oktober erfolgen. Im Dolke faßt man dieſe Er-
klärung als S<hluß der Debatte auf und hat
keinen anderen Ausgang erwartet.
Juli: Der Haushaltplan der Stadt Saarbrücken
ſ<ließt nam dem Doranſ<lag in Ausgabe und
Einnahme mit rund 203,9 Millionen Franken ab.
Juli: Der ehemalige Präſident des Saargebiets,
der unſelige Bedränger und Bedrüder unſerer
Heimat, Dictor Rault, iſt in Paris im Elter
von 73 Jahren geſtorben. Er iſt tot, da ſ<weigt
ver Haß, aber unvergeſſen bleiben ſeine Sc<and-
12;
16
17.
IN
20
25
26
Juli: Die franzöſiſMe Linkspreſſe ſagt mit
vollem Re<t: Die Sqhuld an dem Sdeitern der
Saarverhandlungen tragen einzig und allein
franzöſiſ;e ſ<werinduſtrielle Kreiſe, ſie fordern
die Preisgabe der Saargruben ohne die geringſten
Gegenleiſtungen. =<- Unabhängige engliſche Blätter
bezeichnen die Forderung der Franzoſen in der
Grubenfrage als „unbegründet und unvernünf-
tig.“
Juli: Tiefe Kniebeuge der Regierungskommiſſion
vor Paris. Sie beſchließt ni<t, den völlig über-
flüſſig gewordenen Bahnſ<uß na< Hauſe zu
ſchien, ſondern nur, die Zahl der Truppe von
650 auf 250 herabzuſezen und die jekt geradezu
ſinnloſe franzöſiſche Eiſenbahnkommiſſion zu redu-
zieren. Dieſe iſt na7 der Rheinlandräumung nur
no< ein Klub von gut bezahlten Arbeitsloſen.
Juli: Die franzöſiſc<e Propaganda läßt im Saar-
gebiet Poſtkarten verbreiten gegen den „Berliner
Shwindel“ einer für Deutſchland günſtigen
Dolksabſtimmung. Au< dieſen Propaganda-Ulk
laßt ſtillvergnügt uns buen.
Juli: Im Saargebiet 1929 weniger Geburten,
mehr Sterbefälle. Geburtenüberſ<huß 8021 (9259),
Todesfälle 8583 (7924). Eheſhließungen 7403 (7456),
Lebendgeburten 16 604 (17 183). =- Kuflöſung des
Reichstags, Ueuwahlen am 14. September.
Juli: Die Anſic<t Berlins über die Derminderung
des Bahnſchußes: Die Truppe hat ihre Aufgabe
erfüllt, die Derbindung Frankreihs mit der
Rheinlandbeſaßung aufre<t zu erhalten. Die
Sicherung der Militärtransporte fällt fortan weg.
Aus dieſem Grunde muß der Bahnſchutß ver-
ſ<winden. In Genf wird man ſic< darüber aus-
ſprechen.
Es beginnen die Hindenburgtage am Rhein mit
dem Beſu von Speyer. -- Deutſ<e Evangeliſche
Dolkswo<he an der Saar vom 19,--27. Juli be-
ginnt mit einer Reihe von Dorträgen in Ueun-
kir<en.
Juli: „Graf Zeppelin“ überfliegt auf einem
Rundflug von Ueuſtadt aus in dieſem Iahre zum
zweiten Male das Saargebiet unter hellem Iubel
der Bevölkerung.
Iuli: Dur< fur<tbares Unglü& in Koblenz,
Zuſammenbruch der Pontonbrücke über die Moſel.
wird die weitere Fahrt Hindenburgs nac< Trter
und Aachen jählings unterbro<en. Tief ergriffen
und erſ<üttert vernehmen wir, daß die
Kataſtrophe 40 Opfer gefordert hat, verleßt
wurden 24 Perſonen.
Das „Journal des Debats" fordert in der
Saarfrage eine Aenderung in den Abſtimmungs-
vorſchriften, die es ermöglichen würde, wenigſtens
einen Teil des Saargebiets für Frankreich zu
retten, wenn nicht, ſo müßte auf alle Fälle die
ſogenannte Treuhand alias das Dölkerbunds-
regime erhalten bleiben.
Juli: Die Regierungskommiſſion verbietet dem
Derein ehemaliger 132er gelegentlih ſeiner
Fahnenweihe, den JFeſtakt auf dem Friedrichs-
plaß abzuhalten und den Feſtzug nac< einem
Cokal am Raſtphul dur<zuführen.
Juli: An 20 Orten des Saargebiets beſtehen
Domanialſ<hulen, die von ungefähr 1500 Kindern
beſucht werden. Ueben den Kindern der franzöſt-
ſ<en Gruben- und Zollbeamten darf man etwa
1000 deutſ<e Sdqüler zählen.
Juli: Aus einem Bericht des franzöſiſ<en Senats
erfährt man, daß der ſaarländiſchen ſogenannten
Treuhand auf ihre evtl. Anforderung ſofort zwet
Infanteriebataillone in ForbaM und St. Avold
zur Derfügung ſtehen.