Saarkalender für das Jahr 1939
erſcheinen wöll.“ Jn der ſofort abgegebenen Erwiderung des Grafen erklärt er,
daß der Rittmeiſter ſich
„an einem freien Platz, nemblich uff dem Velde zwiſchen Creußnach undt
Bonſingen gelegen, uff nechſt vorſtehenden Montag -- wirdt der 17. dieſes
Monats May ſeyn -- umb 8 Uhren des morgens zue Pferde, ohne
Wambſt,;imHembt, miteinemguttenDegeninderFauſt,
ohnePiſtolen“
einzufinden habe. Da jedoch der Rittmeiſter bis dato „ſeine Sachen mit dem
Churfürſtl. Maintzziſc<en Berittenen, der Jhmo vor dieſem herausgefordert habe
undt mit dem Fürſtl. Sächſiſchen Obriſt Wachtmeiſter Auros, der ihn Lügen
geſtrafft, wie auch mit dem Fürſtl. Sächſ. Regiment wegen ſeines abſchieds noch
nicht erledigt habe, außerdem mit ſeinen Söldnern in den gräflichen Landen wie
ein „Mordbrenner“ gehauſt bette,“ könne der Graf die Forderung des Ritt-
meiſters erſt nach deſſen „redlicher purgation von ſolchen ſ<hmutlichen Händeln
annehmen, da derſelbe eine Tadelhaffte Perſon ſei, mit der ohne Verletzung
Unſerer Gruwlichen Ehren einige Tuelliren nit committiren kann.“
Einige Tage ſpäter übermittelt Graf Johann von Naſſau-Saarbrücken ſeinen
Sekundanten die Meldung, daß ihre Anweſenheit in Kreuznach nicht mehr not-
wendig ſei. In dem glücklich abgewendeten Zweikampf ſollten alſo nach der Ab-
madhung die beiden Teilnehmer, nur mit einem Hemd bekleidet, auf feurigen
Hengſten gegeneinander anſprengen. Dann ſollten ſie ſich mit ihren Degen
jolange bearbeiten, bis einer von ihnen das Leben fief: Das dürfte ein Komment
ein, von dem man bisher noh nichts gehört hat. Äber andere Zeiten, andere
Sitten! Graf Johann von Saarbrücken wird nicht weniger wie ſein alter
Vater heilfroh geweſen ſein, die peinliche Sache vermieden zu haben, denn dem
fechtgewandten, ſäbelkundigen Rauhbein gegenüber hätte er nach menſchlichem
Ermeſſen die Verteidigung ſeiner Ehre mit dem Leben gebüßt.
Humoriſtiſches
Das „Gußche“ (ſiehe ſaarländiſc<e Anekdoten und Wiße Saarkalender 1923) war
eine ſtadtbekannte und mit Recht bemitleidete Perſönlichkeit. Er hatte im Leben jung den
Anſchluß verpaßt und konnte ihn nicht mehr finden. Behagli< Zigarrenſtummel
ſ<H<mauchend, die er irgendwo ergattert hatte, trottete das verhußelte, lockenumwallte
Männchen dur< die Straßen, den Kopf ſelbſt an den heißeſten Sommertagen mit einem
dicken, zerſchliſſenen Pelzpudel bedeckt. Betteln kannte er nicht, er ernährte ſich recht und
ſ<leHt als „Brückenbarbier“. Unter einem Bogen der alten Brücke befand ſich ſein
Atelier. Ein Felsblok, das einzige Möbel, auf dem ſeine zahlreiche Kundſchaft ſich kunſt-
geredht niederließ und abgefertigt wurde: 5 Pfg. raſieren, 10 Pfg. Haar ſchneiden. In ſeinem
Salon erſcheint infolge einer Wette unter den Stammgäſten S., ein angeſehener Bürger, und
wünſcht nach einem etwas länglich geratenen Frühſchoppen im „Alten Münchner Kindl“,
von ſeinen Bartſtoppeln befreit zu werden. „Gußhe, Eich ſoll mich raſiere!“
Verwundert und zugleich ſtolz über ſo vornehmen Beſuch ſagt der Alte, mit vornehmer
Handbewegung auf ſeinen „Barbierthron“ weiſend, kurz: „Hocken Eich do!“ Er nimmt
mit gelaſſener Ruhe Raſierſeife aus einem Beutel und ſpuckt mit ganzer Lungenkraft
dreimal darauf. „Awwer Dunnerkiel, Gußhe, was machen 'r do alleweil for Shweinerei?2“
ruft angeekelt der Gaſt. „Shaum muß ſin“, iſt die Antwort. „Ei, machen Jhr das do
immer ſo?“ „Ne, ne, meiner gewöhnlich Kundſchaft ſputz ich einfach ins Geſicht und reib'
mit Seif noh!“ S. ſpringt, wie von einer Tarantel geſtochen, auf und rennt zu ſeinen
Freunden: „Kellner, ſor mich zwei Kognaks und for die Herre e Tournee, ich han mei
Bett' verlor!“
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