Saarkalender für das Jahr 1930
Als er nun für mich kommen und Jnquartierung angeſucht, habe ihm dieſelb
nicht Verwilligen wöllen . . .“ „Jh habe ihm ſoviel demonſtration getan, daß er
zufrieden geweſen, ſein boßament übernacht zu Erbenheim zu nehmen, und iſt,
nachdem man einen Trunk zuſammen gethan, mitt gutem Willen wieder von
mir geſchieden . . .“ Der wilde Rittmeiſter erſcheint indeſſen nach einigen Tagen
wieder vor Wiesbaden, denn es heißt in dem Brief: „Alß er uf Donnerstag
wieder zurückkommen, undt Jhm der Schlagk furm Thor nicht ſobald uffgemacht
können werden, weil man nach den Schlüßeln gehen müſſen, ſo hat er derſelben
nicht erwarten wöllen, ſondern ein Holz neben dem Sclagk abreißen laſſen.
Undt iſt alſo neben dem Schlagk hereingeritten.“ Das getreue Abbild ſeines
raufluſtigen und händelſuchenden Herrn iſt der Quartiermeiſter, von dem es
heißt: „Weil der Quartiermeiſter des Rittmeiſters dem Schultheißen hier Vier
Streich mit bloßer Wehr übern Kopf in ſeinem eigenen Haus geben, die durch
den Hut gangen, aber nur Beulen uf den Kopf gebracht, auch einen gefährlichen
Stich nach ihm gethan, ſo habe ich dem von Enß ſagen laſſen, mir den Quartier-
meiſter zu henden (Händen) zu ſtellen, hat er dagegen begert, man ſollte Jhmo
den Schultheißen zu henden ſtellen ...“ Auf das Drängen des Grafen Johann
zieht endlich der erzürnte Rittmeiſter mit ſeiner Truppe nach Bierſtadt. „Ueber
Nacht iſt er daſelbſten geblieben und hat viel ſchimpflichen Reden laufen laſſen.“
yn ſeinem Aerger verleumdet er den Saarbrücker Grafen bei dem Oberſt
des Regiments, Johann habe deſſen in verächtliher Weiſe gedacht und, zum
Duell wegen übler Nachrede gefordert, „habe der Graf nicht das Hertz gehabt,
J3mo zu erſcheinen.“ Hiergegen verteidigt ſich der Angegriffene dem Oberſt
gegenüber mit den Worten: „daß der von Enß gelogen hette wie
ein Schelm!“
Der Rittmeiſter wird von ſeinem Vorgeſetten zur Rede geſtellt und ihm der
Verluſt ſeiner Kompagnie angedroht. Darauf heißt es in dem Brieſe weiter:
„Als auch der von Enß geantwortet: „er pliebe bei ſeiner reden, wollt freudig
darüber ſterben auch aljobaldt einen Rittmeiſter undt zwei Cavalier angeſprochen,
mir ein Carthell zu präſentieren, welches ſie of ſic) genommen, da hatte der
Obriſt Jmo ſeinen ſ<warzbraunen Hengſt darzu verwilliget, auch ſeine Wehr
außgezogen, daßelbe etlich mahl über den Tiſch geſchlagen, hernacher dem von
Enß (ge)geben und deßelben Wehr dagegen genommen, auch Jhme ein paar
guter Piſtolen zuſtellen laſſen.“
Graf Johann von Saarbrücken iſt entſchloſſen, das Duell durchzuführen und
bittet den Vater, ihm „ſolch Vätterlich zu gut zu halten, allerweil mir es ſchmerß-
lich wehe thuen ſollte, daß ich bey anderen in den Verdacht kommen würdte, als
ob J< nicht den muth hette, meine Ehr ſo, wie es einem Cavalier zuſtehet, zu
verteidigen“. Die mit Fleiß angeſtellten Erkundigungen über das Anſehen ſeines
Gegners ſind für dieſen ſehr betrüblich. Selbſt der Kaiſerliche Kommiſſar läßt
melden, daß der Graf von Saarbrücken mit von Enß ohne Verletzung ſeiner
gräflichen Standesehre nicht fechten könne, da dieſer „kein Cavalier von Merite,
ſondern (den Auftrag hatte) Jhrer Hochw. Gnaden Herrn Hertzogen von Sachſer
lauwenburg compagnien zu werben, auch geld empfangen, aber ſeine paroll
alß ein coyon nicht gehalten hette“. Außerdem habe ſich der Rittmeiſter „mit
gemeinen Leuten gerauft“ und mit ſeiner Kompagnie als „Mordbrenner“ betätigt.
Da inzwiſchen der feſtgeſezte Termin für das Duell verſtrichen iſt, läßt der
ungeduldige Rittmeiſter ſeinem Gegner folgendes Schreiben zuſtellen:
. „Herr Graw, Er wird ſich zu wiſſen erinnern, was vor übel Nachredt Er
in praeſents von meinem Herrn Obriſten undt andern Ehrlichen Kavaliers mir
in meiner abſents geredet hat; dieweil ich mich an meiner Ehren offene!
befinde, ſo begere ich zur Salwirung meiner Ehren, daß er wolle mit Zeigern
dießes (beſtimmen, ob er) alſobaldt uff ernanndten Platz ſelb ander oder allein
)
47