Full text: 1930 (0008)

Saarkalender für das Jahr. 1930 
der 
Ein Seitbild aus dem 30jährigen Urieg. 
Duellaffäre des Grafen Johann von Saarbrücken im Jahre 1627. 
Nach Akten des Preuß. Staatsarchivs von R. Rud. Rehänek. 
Nachdruck verboten. 
Der 30jährige Krieg hatte mit der Pfalz auch das Saargebiet ſchwer heim- 
geſucht, verödet lagen Städte und Dörfer, in verwüſteten Aeckern roſtete die 
Pflugſchar. Der alternde Graf Ludwig von Naſſau-Saarbrück mußte in ohn- 
mädtiger Wut das Elend über ſein Land ergehen laſſen. Ueberdies drückten ihn 
häusliche Sorgen, ſein zweiter Sohn war im Kriegsdienſt umgekommen. Eine 
neue Hiobspoſt traf von den Räten aus Jöſtein ein, deſſen Herrſchaft mit Wies- 
baden die Saarbrücker Grafen im Jahre 1605 geerbt hatten. Dort vertrat den 
Vater der älteſte Sohn Johann. Ein Konflikt mit frechem, herausforderndem 
Kriegsvolk bot den Anlaß, daß ein berüchtigter nud gefürchteter Raufbold jener 
Tage, der Rittmeiſter Alexander von Enß, den jungen Grafen auf Leben und 
Tod forderte. In dem Schreiben der Räte hierüber heißt es u. a.: „Daß des 
Hochwohlgeborenen Unſeres Knedigen alten frommen Graven, Unſer auch 
Knediger Herr, ſein junges Leben an einen Haſardiren verlieren ſoll.“ 
Noc< am gleichen Tage (3. Mai 1627) reiten Eilboten vom Saarbrücker 
Schloß nadh allen Richtungen. Der Brief des Vaters an den Sohn macht darauf 
aufmerkſam „falls der Rittmeiſter beim Duell erliegen würde, der Oberſt, die 
Offiziere, ja, das ganze Regiment den Rittmeiſter rächen und plündernd in das 
Saarbrücker Land einfallen würden.“ Zum Schluß befiehlt der alte Graf dem 
Prinzen ernſtlich, „ſich unter keinen Umſtänden in den Handel einzulaſſen“. Ein 
Schriftſtück an den Oberamtmann von Jöſtein erſucht dieſen, ſich ſofort zu dem 
Kurfürſten von Mainz zu begeben, er möge „bey itziger gewaltthetiger zu- 
nötigung zur Verhütung allerhandt gefehrlicher außlebens die Sache dergeſtalt 
durch dero hohe authorität zu vermitteln und dirigieren helfen, u eine Art, 
wie er es am beſten halten“. Der Kurfürſt wendet ſich ſofort an den Regiments- 
kommandeur des Raufboldes, den Freiherrn von Gürtzenich. Er ſchildert ihm 
die Landesnot, betont, daß der Kaiſer die ganze Angelegenheit „ungern ver- 
nehmen werde“ und ſchließt, daß es ein Unrecht ſei, daß „dijenigen Ständte, ſo 
dem Kayſerl. Volk in dero Landen quartier und Unterhalt verſchaffen, und nicht 
jedesmahl den Kriegsoffizieren ihren Willen und Gefallen thuen, als dann 
ſchuldig ſeyn ſollen, ſich mit ihnen zu balgen und die Sache mit der Rauf und 
Duello außzuführen“. 
. Nach einer Mitteilung des Geforderten an ſeine Vettern Otto und Wolff- 
Friedrich, Rheingrafen zu Dhaun, hat der junge Graf die Forderung angenommen 
und dem Rittmeiſter Ort und Zeit des Duells beſtimmt. Die beiden Vettern 
werden gebeten, am nächſten Sonntag in Kreuznach „in der Herberg zum weißen 
Roß“ zu erſcheinen und beim Duell aufzupaſſen, daß ihm „kein betrüglich auff- 
ſaß begegne“. „Der dritte um Hilfe erſuchte Vetter, der Graf zu Solms auf 
Greifenſtein, bittet in ſeiner Antwort, ſich unter keinen Umſtänden mit dem 
Rittmeiſter von Enß einzulaſſen, den Duelltermin hinauszuſchieben und unver- 
züglich Erkundigungen über verſchiedene unehrenhafte Händel des Kontrahenten; 
„ſo er bis dato noch nicht beglichen“, einzuziehen. 
Wenige Tage nach dieſen Vorgängen teſt in Saarbrücken die ſehnlichſt 
erwartete Antwort des jungen Grafen ein. Nach einer Verſicherung ſeiner tiefen 
Kindesliebe ſchreibt er: „Was den von Entz anlanget, iſt er auf Montag, den 
18. Aprilis hieher (Wiesbaden) kommen, und hat (wie ich allererſt. her- 
nacher vernommen) die rede herausgeſioßen, wenn man Jhmo nicht hier Quar- 
tier geben würdte, ſo wollteerdenOrthinbrandtſtekenlaſſen: 
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