Saarkalender für das Jahr 1930
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Militäriſches aus alter Fürſtenzeit.
Von R. Rud, Rehänek,.
Das Preußiſche Staatsar<hiv in Koblenz verwahrt zm Saarbr. Rep. u- a, mehrere
vergilbte Üktenſlüke aus der Bliesgegend, die uns ein vortreffliches Bild der ver-
worrenen Zeitverhältniſſe des 18. Jahrhunderts entrollen. .
Erſchienen da eines guten Tages anno 1755 im damals noch pfalzgräfl.-zweibrückiſchen
Dörfchen Bliesransbacd einige Franzoſen in voller Uniform und errichteten im Dorf-
wirtshaus ein militäriſches Werbebüro. Luſtig wirbelten die Schlägel auf der Trommel
und lockten alt und jung herbei. --
Freigiebig aber traktierte man die ſtämmigen Bauernburſchen mit Branntwein.
Hei! Wie gleißte da auf einmal die blitßſaubere Uniform der Werber =- wie lockten
plößliG verführeriſch die als Handgeld verſprochenen Silberlinge!
Bis ſich dann endlich einige Burſchen anwerben ließen. . .
Was ſcherte ſie das Poltern der Bauern, das Weh im verhärmten Antliß der Mutter,
vie verſtohlenen Tränen der Dorfliebſten? --
Ein wildes Soldatenlied auf den Lippen -- ſo zog ein kleiner Trupp aus der Heimat
der nahen Grenze zu. . .
Pflichtſchuldigſt hatte der Dorfmeier das Eintreffen der fremden Werber nach der
Reſidenz Zweibrücken berichtet. Als dann endlich der berittene Eilbote mit dem
Befehl):
„Gerichtsmann Matthis Becker hat denen recrutten, welche angeworben
worden, bey Verluſt ihres Vermögens anzubefehlen, daß ſich keiner
unterſtehen ſoll, mit weg- und außer Landes zu gehen, auch der Werber, fallß
er nochmals dahin kommt, arretieren zu laßen und ſogleich durch einen
erxpretten anhero zu berichten“
wieder in der Gemeindeſtube ſtand -- waren die fremden Vögel ausgeflogen und mit ihnen
die angeworbenen Bliesransbacher Burſchen. --
Unter einer Kanzleitätigkeit, wie ſie gründlicher nur in jener pedanttſchen Zeit
gehandhabt werden konnte, ſollte nun das. Vermögen der jungen Burſchen, „die ohne
Herrſchaftliche Erlaubnis unter franzöſiſche „Trouppes“ als Soldaten ſich hätten engagieren
laſſen, nemblich
Matthias Nieß, Hanß Nickel Nießen daſelbſt Sohn,
*?g9ghannes Beer, Johannes Beeren allda Sohn, und
7acob Catz, Johannes Caßzen allda Sohn“
mit Beſchlag belegt werden. Da aber die Eltern der Miſſetäter noch alle am Leben und
die Vermögen unter den Kindern noh nicht aufgeteilt waren, verfügte die zweibrückiſche
Regierung, daß die Angelegenheit einſtweilen beim Alten bleiben ſollte.
Somit hätte nun dieſe ganze Werbegeſchichte vielleicht ihren Abſchluß gefunden --- wenn
nicht ausgerehnet um dieſe Zeit die alten, ſeit vielen Jahren zwiſchen den beiden Landes-
1) Staatsarc<iv. Abt. 22 St. 3537.
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