Saarkalender für das Jahr 1930
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Zum 100jährigen Todesfag der Gänſegretel
Jürſtin von Raſſau-Saarbrücken
11. Dezember 1929.
Von A. Z.
ver Erinnerung unſerer Grenzmark leben aus der großen Reihe der
"attinnen der Saarbrücker Grafen und Fürſten nur no<h die Gräfin Witwe
Eleonore Clara, die von den Franzoſen na; Meß abgeführt und dort
gezwungen wird, |Frankreich den Lehnseid zu leiſten. Und neben ihr das
„Gänſegretel von Fechingen“. Die eine als edle Dulderin, die andere
als prunkliebende Courtiſane, die dur< die Sitte oder vielmehr Unſitte ihrer
Zeit hochgetragen wird. Dies ſcharfe Urteil über die lezte Fürſtin werden wir aber
doch in etwa revidieren müſſen. In guten Zeiten koſtſpieligen Vergnügungen und allen
Weltfreuden mit Liebe und Luſt hingegeben, zeigt ſie ſich zugleich klug und durch ihren
Geiſt weit über das ganze Shranzentum des Hofadels erhaben. Nach hartem Sc<ickſals-
ſchlag iſt ſie die unermüdlich ſorgende Gattin. Aufopfernde Liebe zu dem erkrankten
Fürſten und ihren Kindern bleibt da das hervorragende Moment ihres Weſens. Hilfsbereit
triti ſie uns entgegen und vergißt weder Herkommen noch Heimat. Das ſind Charakter-
cigenſchaften, denen wir gerne Achtung zollen und die dem inneren Bild der ſchönen Frau
troß allem einen verſöhnenden Zug verleihen.
Die Glücksgöttin ſteht niht an ihrer Wiege, denn mit Not und Sorgen kämpft der
ſhickſalsgeprüfte Vater, der Kleinbauer Johann Georg Keſt in Fehingen. Er lebte, wie
ſich jezt noch feſtſtellen ließ, in dritter Ehe mit Anna Barbara Wohlfahrt aus Dirmingen,
die ihm am 1. März 1757 Margarethe in die Arme legt. Da gilt es, fleißig zu ſein, denn
acht Kinder ſind ſeinen Ehen entſproſſen. Die kleinen Hände müſſen helfen, Gretel
(Katharina nennt ſie ſich erſt ſpäter) hütet die Gänſe der Bauern. Sie iſt 5 Jahre, als
der Valter ſtirbt. Wegen Erbſtreitigkeiten mit den Kindern aus erſter Ehe zieht die Witwe,
völlig verarmt, 1771 mit ihrer 14jährigen Tochter nach Saarbrücken.
Dort ſißt auf dem Thron ſeiner Väter Se. Hochfürſtliche Durchlaucht Ludwig. Dorh-
läuchting iſt aber ein Windbeutel, er liebt Wein, Weib, Geſang, Theater und Jagd. Seine
Gattin lebt wie in der Verbannung auf dem Halberger Schloß Mon plaisir. Der Landes-
vater huldigt dem Waidwerk, der Schürzenjägerei. Zur Kennzeichnung ſeines Charakters
hier nur eine Szene. Winter 1791/92 regiert er nah ſeiner Art in Neunkirchen, d. h. un-
unterbrochen tobt ſich ſein wilder Sinn in Bällen, Feſtlichkeiten und Jagden aus. Die
Sonntage ſehen ihn mit glänzendem Gefolge vornehmlich auf Parforcejagden. Da geſchieht
das Unverhoffte, den lezten Sonntag im Februar 1792 hat der Gottesdienſt ſchon begonnen,
als Se. Durchlaucht mit der geſamten Hofgeſellſchaft in der Kirche erſcheint. Pfarrer
Lucius, ein Gottesmann nach dem Herzen Melchiſedeks, verlieſt zunächſt in aller Ruhe
würdevoll ſeinen Bibeltext, wendet ſich dann aber an den verblüfften Fürſten direkt und
hält ihm als dem Sonntagsſchänder eine zornbebende Strafpredigt. Sereniſſimus wird
rot vor Wut. Er klirrt und klappert, ſo laut er kann, mit der Säbelſcheide, die Höflinge
verſtehen ſofort den Wink und rappeln mit ihren Säbeln, um die Kapuzinade unverſtänd-
WS