Saarkalender für das Jahr 1930
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Ueber Begräbniſſe in der Peſtzeit
nad) einem Erlaß des Grafen von Saarbrücken vom 28. Juli 1574
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Mitgeteilt von Prof. Dr. Kloevekorn.
An die Befehlshaber, Inwohner, Geiſtlichen und weltlichen
Untertanen der Städte und des Landes!
Wir laden den Zorn Gottes und Plagen auf uns durch. Undankbarkeit, Sündhaftig-
keit und unbußfertiges Leben, Trägheit des Gebets. Darum wir mit Krieg, teurer Zeit
und ſchweren Kriegsläuften und Jrrungen, greuliche, vergiftige Suchten (Seuchen) heim-
geſucht werden. Es werden neben den Sonntagen genugſame Feiertag- und Wochen-
predigten in den Städten und auf den Dörfern gehalten, aber zur Zeit, wo die meiſten
bei ihrer Arbeit ſind. Es ſollen überall, wo böſe Luſt oder Krankheit einreißt, alle Kirhen-
diener, die uf ihren Pfarren ſien, neben der ſonntäglichen Predigt und Kinderlehre in
der Woch? eine Predigt uf Mittwoch und die anderen Werktage des Morgens um 5 Uhren
und des Abends um 7 Uhren ihr Frei- und Abendgebet neben einer kurtzen Ermahnung
oder Auslegung eines Pſalmen aus dem Propheten David mit einem Zeichenleutten halten.
Welche Pfarrer nicht bei ihren Kirchen ſitzen, ſolle alle Woche einen Bettag halten.
Pfarrer ſollen alle 14 Tage in den Kirchen das Nachtmahl des Herrn verkünden und
reichen. Der Diakonus ſoll in den Städten helfen, damit der Kir<hendiener nicht einem
jeden Kranken das Nachtmahl zu geben nötig habe, er ſoll aber hingehen, wenn der Kranke
ſelbſt ihn begehre oder wenn dieſer durch gefallene Beſ<hwernis oder Fantaſeien in der
leßten Stunde lebe. Jn den Kirchen ſoll man da, wo böſe Luft regieret, bei Verſamm-
lungen mit Wachholder oder Weyrauch gut Rauch machen. Gaſſen ſind rein zu halten.
Schweine dürfen nicht herumlaufen. Gaſſen ſind vom Gericht aus zu beſichtigen, auch
Nachis nach den acht Uhren.
Wo in einem Haus ein Kranker oder Toter, dürfen die Leute nicht in Backhaus,
Metzig, Bavſtube, Tür und Gaſſen ein Geſ<hwaz (Geſc<hwäß) halten, müſſen zu Haus
bleiben, ſollen tauglihe Manns- und Weibsperſone geſucht werden, die die Kranken
warten. Bis jetzt ſind die Toten von Saarbrücken nach St, Arnual gebracht. Für Be-
gräbniſſe in St. Johann ſoll vor dem Spital außerhalb der Statt bei dieſelbige Cappel ein
Gottesaker gemacht werden. In jeder Stadt ſollen zwei Totengräber beſtellt werden.
Sie ſollen Alle, die des Todes verfallen, einnehen und verwahren mit oder ohne Schein,
Aben55 oder Morgens. Gräber ſollen vier Schuhe tief ſein in Reyen. Sie erhalten vom
Toten, ſo niht zum Nachtmahl gegangen, 2 Albus und von anderen 3 Albus. Dieſe Leute
ſollen auch Tote auf Wunſch nach St. Arnual bringen. Es darf aber erſt 12 Stunden nach
Tod begraben werden. Zünfte müſſen neben Schulmeiſter und Jungen mit ihren Zunft-
brüder:1 zum Begräbnis gehen. In dieſen Zeiten ſoll nicht geleutet noch Leichenpredigt
gehalten werden, es wäre denn jemand adelig, Herr oder Stadtdiener und Gerichts- oder
alie betagte Perſonen.
Sonſt darf kein Markt gehalten werden außer Samstag auf der Brücken. Brot und
Fleiſch, Korn und Salzkauf täglich unter der Brücke. Alle Scherer ſo ſich bisher des
Hardwerks gebrauchen, ſollen hingehen, wo ſie gerufen werden. Vor Ader ſc<lagen er-
halte 1 ſie vier Baen. Für Trenk oder Pflaſter beſonders. Jn St. Johann iſt ein gräf-
licher Medicus, der ſich erboten, guten Rat und Remedia zu geben, von gemeinen Geſind
od2r Perſonen erhält er einen Dickpfennig oder von vermöglichen Leuten einen halben
Gulden. Wenn einer nichts zu zahlen hat, ſo ſoll er aus dem Gotteskaſten vergnügt
werden. So lange die Krankheit beſteht, ſoll von je 3-4 Nachbarn auf den Gaſſen des
Abends und Morgens ein oder zwei Feuer gemacht werden, doh ohne daß dadurd
Schaden geſchieht.
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