Saarkalender für das Jahr 19309
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Müller-Siedlung“, Gersweiler dur< Benennung
einer neu angelegten Straße „„Auguſt-Müller-
Straße“.
Dezember: In der franzöſiſGen Senatskommiſſion
für auswärtige Angelegenheit ſpri<t Senator
Ordinaire über das Saargebiet und tiſ<t dabei
unerhörten Schwindel auf. Er ſagt u. a.: „Sehe
man von der preußiſchen Bevölkerung ab, ſo laſſe
ſich feſtſtellen, daß in den rein ſaarländiſchen
Schichten eine ſtarke Ueigung für Frankreich ſei.
Beſonders dem Bergarbeiter gefalle die ſanfte Art
und die rüdſi<htsvolle, menſ<lihe Behandlung
dur; die franzöſiſ<Hen Ingenieure“ . . , „Die
Saarländer werden bis 1935 die Dorteile des
gegenwärtigen Zuſtandes immer höher einſchäßen
und ihn zu behalten wünſc<en.“ Die Kommiſſion
jubelte dem Senator zu. Die Saarländer werden
den Berrſ<aften den Star ſchon ſtehen.
Dezember: Der Zentralverband driſtl. JFabrik-
und Transportarbeiter im Saargebiet ſtellt feſt,
daß die Regierungskommiſſon ſeit ihrem Amts-
antritt 1920 von alle dem, was ſie verſprochen,
für den Arbeiterſtand nic<ts eingelöſt habe. Dieſer
ſtehe ſozialpolitiſ< und wirtſchaftlich weit hinter
dem übrigen deutſ<en Dolk zurü>k. Die Ar-
beiterſ<aft wünſ<t ſobald als möglich, die un-
natürliche Grenze aufgehoben zu ſehen.
Dezember: Weihe der neuen katholiſ<en Kirche
in Friedric<sthal. =-- Zur Abwehr des Cohndiktats
der franzöſiſ<en Bergverwaltung beſchließen die
Führer der Gewerkſchaften: Kein Abſc<luß eines
Gedinges auf Grund des Cohndiktats. Jeder dürfe
nur ſoviel arbeiten, als ſein Mindeſtlohn betrage.
Dem Beſ<luß wird Folge geleiſtet.
Dezember: Weihe der Kriegergedähtniskir<e in
FriedriOsthal dur“ DeHant Roth.
Januar 1929,
Januar: Ua< Ablehnung der neuen Cohnverord-
nung der Bergverwaltung beſchließen die Berg-
arbeiter, Shi<tlöhner und Hauer gemeinſam, das
Droſſeln der Förderung, d. h. nur den Mindeſt-
lohn zu erarbeiten. Man rehnet mit dem Rüd-
gang der Förderung auf 20 Prozent, Erſtrebt
wird eine an alle Arbeiter gere<t verteilte Cohn-
erhöhung. -- 1. Januar. 1928 verzeichnet St. Ing-
bert 555 Geburten, 253 Todesfälle und 180 Ehe-
ſ<ließungen, =- Die Bürgermeiſterei Dudweiler
zählt 24 426 Perſonen.
Januar: Einflußreihe Kreiſe in Paris erſtreben
nac< 1935 für das Saargebiet ein „regime tranſi-
toire“. Es ſoll mit dem Reiche ein Uebergangs-
zuſtand vereinbart werden, da -=- plößli< ent-
de>t Frankreich eine herzliche Ueigung zu uns --
aus der plößlihen Rüdgliederung ernſte wirt-
ſchaftliche Schwierigkeiten für die Beteiligten ent-
ſtehen. In Wirkli<keit will man nac< 1935 no<
lange Jahre die franzöſiſ<en Waren zollfrei ein-
führen. Das Saargebiet ein Bandelsobjekt.
Januar: Gaſton Roux, Stabstrompeter der fran-
zöſiſhen Schwerinduſtrie, hat Sorgen im Ge-
danken an die Rücdgliederung der „Saar“ an das
Reih. Er ſ<lägt in ſeinem Buche „Die Alpen
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oder der Rhein“ vor, das Saargebiet müſſe durch
eine Zollunion mit Frankreich verbunden bleiben.
Sein Ideal iſt ein autonomes Saarland im politi-
ſ<en Rahmen des Reiches und im wirtſchaftlichen
Frankreihs, Das wäre eine der wunderlichſten
WMißgeburten der Uachkriegszeit.
Januar: Weihe der neuen evangeliſ<en Kirche
in WalpersShofen dur< den Generalſuperinten-
denten der Rheinprovinz Dr. Stoltenhof, -- Seinen
90. Geburtstag feiert ein Mitkämpfer von 1864,
1866 und 1870/71, der allſeitig geſ<äßte Eiſen-
bahnbeamte Gottlieb Brode.
Januar: Ua< einer Entſcheidung des oberſten
ſaarländiſchen Gerichts in Saarlouis ſind fran-
zöſtſ<e Gerihtsurteile gegen- Saarländer nidt
vollſtre&Kbar, da Frankreih die Anerkennung
ſaarländiſcher Urteile nicht verbürge, mithin die
notwendige Gegenſeitigkeit ni<t beſtehe.
Januar: Den Wiedererwerb der Saargruben dur
Deutſ<land verſuc<t die Kſſociation francaiſe de
la -Sarre dur< die Hilfe der franzöſiſchen Kriegs-
beſchädigten zu hintertreiben. Der Erlös aus der
Förderung ſoll dieſen Unglückli<hen zufließen. Das
Saarſtatut beſtimmt aber, daß die Gewinne aus
den Saargruben nur zum Wiederaufbau der zer-
ſtörten franzöſiſchen Gruben dienen dürfen.
Januar: Einer der bekannteſten italieniſ<hen
Journaliſten, Zingarelli, hat das Saargebiet be-
reiſt und ſc<reibt darüber in der Turiner
„Stampa“ u. a., daß es den Franzoſen 1935 im
beſten Falle gelingen werde, 1] v. H. der Saar-
länder für ſi< zu gewinnen.
Januar: Dollſißhung der Saarbrücker Handels-
kammer, in der der Präſident Dr. h. c.- Luitwin
v. Bo< über die einzuhaltenden Richtlinien der
Saarwirtſ<aftspolitik einen vielbeachteten Dor-
trag hält. Er warnt zum S<luß ſeiner Ausfüh-
rungen vor den jetzt häufigen Dorſ<hlägen von
franzöſiſ<er Seite, die für den Fall einer Rück-
gliederung die Derlängerung unſerer Sonder-
exiſtenz erſtreben und uns gleichzeitig mit der
deutſ<en und franzöſiſhen Wirtſ<aft vereinigt
jehen möchten. „Das Wichtigſte für das Saar-
gebiet iſt die AKufrehterhaltung unſerer Der-
bundenheit mit der deutſchen Wirtſchaft, die ſich
ſ<le<thin als die unbedingte Cebensnotwendig-
keit der Saarwirtſ<aft erweiſt. Wir dürfen dieſe
Derbundenheit au< ni<t einen Woment qge-
fährden.“
Januar: Keller, Pompinon. und Jun, die durc
Unterſ<lagung und Urkundenfälſc<hung die Saar-
louiſer Kreisſparkaſſe um 400 000 Fr. gebracht
hatten, ſtehen vor dem Sc<wurgericht. Keller
erhält 3 Jahre 6 Monate Gefängnis, Iun 2 Jahre
6 Monate und Pompinon 1 Jahr.
Januar: Die Arbeitsgemeinſ<aft der Turngaue
des Saargebiets erwarb den Kölner Turnfeſtfilm,
Der Pole Piweßki, Ceiter der JFilmzenſurſtelle der
Regierungskommiſſion, verfügte bei Dorführung
des Films die Streichung der Textzeile: „..mad
uns frei!“ -=- Der franzöſiſ<Ge Kohlenmagnat
Peyrhimoff tritt nun au< mit dem Plan hervor,
bei der Rüdgliederung des Saargebiets eine
Saar-Freizone 3u ſhHGaffen um den FIran-
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