Full text: 8.1930 (0008)

Saarkalender für das Jahr 1930 
Indem er das ſo in ſeiner kurzen Art erzählte, ſtute der andere, verwahrte ſich 
etwas, meinte aber dann, daß wohl der Fürſt manches könne, aber in Gerichtsſachen 
keineswegs ſich hineinmiſchen, ſondern daß das Redhtſprehen ganz allein Sache dex 
Gerichte ſei. 
Worauf der Müller, ſich erboſend, ſein Anliegen ſich ſelbſt bejahte, was den andern 
aber zu der ſpißen Frage veranlaßte: „Und, geſezt den Fall, er tuts nicht, was denn?“, 
worouf der Müller, nun ſeines Zornes niht mehr Herr, das ſagte, was er fünf Jahre 
lang bemeiſterte, abex doch gerne ſchon den Richtern geſagt hätte, nämlich: dann ſoll er 
kommen und meinen Eſel hinten rum heben! 
Nun iſt das unter Landleuten eine an ſich gar nicht ſo ernſt gemeinte Aufforderung, 
von der bis heute, obwohl ſchon oft im Tage gebraucht, noh niemand annahm, daß es 
einem einzigen Menſchen einfiele, ſie auch zu befolgen. Aber wenn der Menſc< entfernt 
vom Menſchen aufgezogen, ſeine Ausdrucksweiſe nicht kennt, keimt leicht ein falſcher 
Verdacht in ihm auf, weshalb der Jäger, der als Fürſt und Landesherr im Walde Warndt 
ſeinem Waidwerk oblag, mit rotgeſ<hwollenen Adern an der Stirn, leiſe durch die Zähne 
pfiff, den Müller ſtehen ließ, ſein Pferd beſtieg und in ſchlankem Trab, den Müller auf 
einem Seitenwege überholte, der Stadt zuritt. 
Wie nun der Müller etwas ſpäter wohl, aber nicht weniger voll Zorn au dort ein- 
traf, hatte er nichts ſo ſchnell erledigt, wie ſeine Geſchäfte, band darob ſeinen Eſel an 
das Eiſengitter des Schloßhofes, ſodaß er ihn von allen Seiten überſehen konnte, hing 
ihm. den Futterſak um und paſſierte die Wache. Die hatte, als ſei er längſt erwartet, 
nichts eiligeres zu tun, als ihn zur Kanzlei zu weiſen, wo ſhon, in weichem Lehnſeſſel, 
erwartungsvoll hintübergelegt in grasgrünverbrämtem Gewand der Jäger ſaß, der ihm 
am Morgen den Eſel gehalten. 
Wie nun der Müller ihn ſah, dachte er in ſeinem unverdorbenen Sinne, wie vor 
fünf Jahren wieder: Aha! pfiff wie der Jäger heute früh au<ß dur<h die Zähne und auf 
die anſcheinend ganz harmloſe Frage, was er von ihm, dem Fürſten wolle, trug er unge- 
färbt ſein Anliegen vor: wie ihm die Gemeinde nun ſc<on vor fünf Jahren das Waſſer 
abgegraben, wie er nun gezwungen ebenſo lange mit ihr darum prozeſſe und infolgedeſſen 
ſein Beutel faſt noh leerer ſei, wie ſein Brunnen und wenn der Fürſt ein Kerl wäre, 
rechtlich wie er, da ſpreche er jetzt ein Machtwort, daß die Gerichte zitterten! Worauſ 
dem anderen, eingedenk des Erlebniſſes und des Hinweiſes auf den hintern Teil des 
Eſels, ein heller Schalk über das Geſicht huſchte und mit der Frage, in der eine gewiſſe 
Drohung ſpielte, ſic) an jenen wandte: „So, =- und wenn ichs nicht tue, was dann?" 
Da neigte der Müller zum ſtummen Abſchied ſein Haupt und indem er mit der linken 
Hand ſeine Müße am Beine hin und her ſc<wenkte, wie einer, der ſein aufſteigend 
Blut meiſtert, beſchrieb mit der lang ausgeſtreckten rechten einen Bogen zum Fenſter, 
dur< das der Eſel eben, als ſuche er ſeinen Herrn, mit erhobenem Schwanze einen Blick 
warf und ſprach: „Dort unten ſteht er!“ 
Humoriſtiſches. 
Es muß auch ſolche Käuze geben! Eine hieſige Dame, deren Reichtum etwas dunkeln 
franzöſiſchen Hintergrund hat und die ſtark naß Moſchus riecht, glaubt ſich nun auch ver- 
pflichtet, in ihrer Sprache ſtets die weſtliche Orientierung herauszukehren. Sie ſc<hmück! 
ihre Sätze rei mit franzöſiſchen Brocken. Hier eine luſtige Probe dieſer ſeltſamen 
Patſriotin: „Ah, bon jour, ma chere!“ „Wie geht es Jhnen?“ „Merci bien, ſo o la la, 
o Ja la, ich bin immer ſo verſtop . . . je Suis toujours si constipucel“ Errötend, „das klingt 
doh nicht ſo ordinär, wie im Deutſchen!“ 
Na, na, nichts menſc<liches ſei mir fremd, ſagten ſchon die ollen Römers. 
Ter tüchtige Dolmetſch. Man ſchreibt mir: In Amanweiler hat ein kluger Dolmetſch 
die Straßennamen franzöſiert, und zwar mit verblüffenden Reſultaten. So heißt heute 
die alte Zwerhgaſſe pompös „Rue des Nains“ (Straße der Zwerge), die Quodgaſſe „Rue 
de Dieu“ (Gottgaſſe). 
zzz 
zuu mummmemill;hlien...... 
Ww
	        
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