Saarkalender für das Jahr 1930
EHEN ÜR,
Der Geiſediwwel.
Von Geheim. Bergrat Dr. Hilger.
Ih bin im Saarrevier ſchon als Bergbaubefliſſener im Jahre 1878 geweſen,
zum erſten Male aber auf der Durchreiſe im Kriege 70/71, als ich zwölfjährig
von Hauſe durchgebrannt, mit einem Liebesgabentransport meiner Vaterſtadt
Eſſen die Schlacht bei Courcelles am 14. Auguſt 1870 mitmachte.
Im übrigen habe ich vom Königlich Preußiſchen Bergreferendar =- als
ſolcher 30g ich 1883 hoh zu Roß von Straßburg nach einer Uebung vom
Ulanenregiment 15 in Dudweiler ein = bis zum Präſidenten der Königlichen
Bergwerksdirektion alle Chargen in Saarbrücken durchgemacht, Bergaſſeſſor,
Berginſpektor, Mitglied der Bergwerksdirektion, Bergrat, Bergwerksdirektor
in Luiſenthal. Präſident der Bergwerksdirektion von 1900 bis 1905.
Heute möchte ich aus der Referendarzeit eine Angelegenheit richtigſtellen,
die ſeinerzeit ein gewiſſes Aufſehen erregt hat. Bekanntlich neigt die vortreff-
liche, mir ans Herz gewachſene Bevölkerung des Saarreviers dazu, den lieben
Nächſten dur< einen Spißnamen auszuzeichnen. Jh erinnere an den „Man-
ſ<ettenlouis“, den „Ulanen-Peter“, den „Kumber“ und wie ſie alle heißen
mögen. Mir hatte man, als ich Referendar in Dudweiler war, den Namen
„der Geiſediwwel“ anprobiert, und dem lag folgende Geſchichte zugrunde.
- Wir waren in Dudweiler in dem ausgezeichnet geführten Hotel Zix vier
Königlich-Preußiſche Bergreferendare und zwei ebenſo Königlich-Preußiſche
Bergbau-Befliſſene, taten ſchleht und recht unſere Pflicht und Schuldigkeit,
manchmal ein Phchen mehr, manchmal auch ein bißchen weniger, gingen aber
auch fröhlichem Scherz nicht aus dem Wege.
Der Meldearbeit zum Bergaſſeſſorexamen mußte eine ſelbſt aufgenommene
Zeichnung einer größeren Bergwerksmaſchine beigefügt werden. Mein Freund
Joſef Schäfer, der leider ſchon vor langer Zeit in Euskirc<hen als Bergrevier-
beamter geſtorben iſt, und ich beſchloſſen, die große Fördermaſchine in Jägers-
freude aufzunehmen. Sie zeichnete ſich dadurch aus, daß ſie eine ganz beſon-
dere Konſtruktion hatte, nämlich eine teils zylindriſche, teils koniſche Seil-
trommel. Konſtrukteur war der bekannte alte Maſchinenmeiſter Krane.
Wir zogen nun vormittags und nachmittags regelmäßig von Dudweiler
nach Jägersfreude und maßen an der Maſchine mit unſeren Zollſtöken und
frößeren Mitteln alles kurz und klein. So zogen wir an einem ganz beſonders
jeißen Auguſtnachmittage nach dem Eſſen auf „dem Scoſeeh“, wie man dort
damals die große Heerſtraße benannte, von Dudweiler an dem „Teifelsmihlche“
(Thomasſchlackenmühle) vorbei an unſere Arbeit. Als wir an den Berg kommen,
geht vor uns eine alte Frau, die eine recht ſtörriſc<e Ziege am Seil führt
und meiſt das Tier ziehen muß. Die Geis verſpürte abſolut keine Neigung,
den Jägersfreuder Berg heraufzumarſchieren. Wir halfen gelegentlich, edel-
mütig wie wir von jeher waren, mit unſeren Spazierſtöcken den Beſtrebungen
der alten Frau etwas nach, aber die Ziege ſtreikte plößlich gänzlich. Die Alte
machte Kehrt, und als ich ſie fragte, was iſt denn mit der Ziege, antwortete ſie:
„Jh wollte, daß das Bieſt beim Deiwel wär!“
Ich hatte damals zum Schuß gegen alle Möglichkeiten -- ich ritt manche
Nacht einſam von Heinitz, wo ich recht häufig abends mit guten Freunden den
Sumpen ſchwang, durch den Wald nach Dudweiler zurück -- einen Revolver
bei mir und fragte im Vollbeſit dieſes Schießinſtruments die Alte: „Soll ich
ſie = gotilie die Ziege -- totſchießen?“ Darauf ſagte die Alte ſehr kurz:
„Schießen Sie ſe dot, es is mer een Duhn!“ (etwa: es iſt mir gleichgültig. D. H.).
I<hH 30g den Revolver, ſchoß, bauß, da lag die Ziege, hochblatt getroffen,
im Chauſſeegraben, und bauß, neben der Ziege die Alte, hell aufkreiſc<hend.
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