Full text: 1929 (0007)

Saarkalender für das Jahr 1929 
  
Das Spanferkel. 
Von Schreinermeiſter C. Schumann. 
Vorüber ist die gute alte Zeit, in der dem wackeren Bürger für drei lumpige Reichs- 
mark auf dem Ferkelmarkt so ein liebes, quietſchendes Tierchen, Spansſau benamſet, mit 
Vergnügen und ſofort, wie man zu sagen beliebt, nachgeworfen wurde. Die sich begegnen- 
den zahlreichen Liebhaber des Bratens nickten sich wohl freundlich zu und ihre Gedanken 
begegneten sich: „Jje, mit Majorankrumbiere!“ Freude senkte das kleine Borſtenvieh in 
aller Herzen, aufgeregt langte jeder zur Zeitung, ob nicht irgendein an Kunden armer Bier- 
wirt wieder Rieſenportionen anbot. Tempi passati, die Spansau scheint von der Erde ver- 
ſchwunden zu sein, wenigstens verläuft sie ſich nur noch selten in die Küche derer, die ihren 
Wert zu ſchätzen wissen als den Triumph gaſtronomiſcher Künſte. 
Doch das Verlangen und die Sehnſucht danach iſt geblieben, deshalb sagte auch nach 
geweckter Erinnerung mein Freund Fritz . . . zu seiner ebenfalls dafür empfänglichen und 
überaus rundlichen Frau „Durdel“: „an de Oſchdere kriehn mr aa en Spanferkel, verlaß 
dich druff! Kaaf als de Majoran; Sanderſch hann ganz friſcher!‘“ Und unser Durdel 
freudiggläubig bewegt, lachte über die ganze Fülle ihres rundlichen Kinnes, ſchlug 
paotſchend die Hände überm Kopf zusammen und frug: „Ja Alder, haſchd du dann e guddi 
Erbſchaft gemacht, odder in dr Lotterie gewunn?“ Fragen, die er aber guten Gewiſſens 
mit einem entschiedenen: „Biſchde verrickt?“ beantworten konnte, jedoch mit dem erheben- 
den Zusatz: „Warum ſsolle mir uns nit emol widder e Spanferkelche leiſchvhe kinne, wo 
mr uns es ganze Johr nix gunne?“. Also lebte man fortan in der Erwartung der guten 
Dinge, die da kommen ſsollten, ohne sich beſonderen Kummer um das damit verbundene 
Schlaraffenſchwelgen zu bereiten. Man war es ſich einfach ſchuldig, dafür zu sorgen, daß 
nach den bibliſchen sieben magern und noch mehr Jahren, auch wieder fette folgen sollten. 
Sanderſch, die Kaufleute, hatten tatsächlich frischen Majoran bekommen und Durdel kaufte 
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Yi ede aufs Spanferkel brachte, kratzte ſich immer bedenklicher hinter den Ohren. „Die 
'Steire!“ „Die Steire!“ meinte er dann, ,die Steire!“ Die himmelvielen Steire, wo m'r 
aileweile ze bezahle hann, die fresſe emm die Hoor vumm Kopp, 's Hißjee war erſcht 
giſchdert widder bei mr un hat geholl!“ 
..  Durdel sah ihren Fritz von der Seite an. „Gott“, machte j! dann, „es muß jo aa grad 
kai Spanferkel ſinn, mr kinne jo ebbes annerſchdes Schenes koche an de Oſchderel!“ 
.. y„Jo!“, ſtimmte er zu, „vielleicht e Gans. Doh kammer aa Majorankrumbiere ninn 
fille!“ ,„Jje“, lachte Durdel zufrieden übers ganze Gesicht und ſtrich die Schürze glatt. 
„E Gans is aa nit ſchlecht. Alſo dann, hoppla, e Gans!“ 
Wie er so am Tag vor Gründonnerstag aus der Werkstatt nach Hauſe kam, sah sie 
ihm ſofort an, daß es mit der Gans auch so einen Haken haben müßte. ,Nix?“ frug ſie 
ihn geradezu. „Mit dr Gans?“ frug er zurück, um dann die Frage ſelbſt zu beantworten: 
„Nä!“ ~ „Ach“, machte er dann leichthin, „die hann alleweile aa goldne Schwängz, un 
außerdem, um die Zeit dorum is jo aa nix dran, an ſo e Vieh!“ „Doh haſchde joo recht!“, 
stimmte Durdel zu, „aneme Spanferkel wär nadierlich meh gewähn!“ ' 
„Heer uff met dämm Spanferkel“, erregte er ſich, „ſo e Luxius kinne mir Handwerks- 
leit uns alleweile nimmeh leiſchde. Mir sinn als froh, wammer an de Oſchdere e ſscheen 
fett Zickelje hann. Schmidte Schorſch verkaaft mr äns billig. Doh kammer aa Majoran- 
krumbiere rinn fille!“ ,„Nadierlich!“ frohlockte Durdel, „das schmeckt aa nit ſchlecht. „Ich 
hann ſchunn lang kä gefillt Zickeljie meh geß!“ „Ich aa nit“, meinte Fritz nachdenklich, 
„'s is nur nit viel ahn ſo me Dierche, 's is meh for âe lecke!“ „Oh“, lachte Durdel, „mr 
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zur erſten Begrüßung reichte, ſtand Durdel, die fleiſchigen Hände in die Hüften gestützt, 
vor ihrem, etwas vergrämt auf dem Stuhl hinterm Öfen sſißenden Fritz und sagte glatt- - 
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nit: Wammer kä Spanferkel mache met Majorankrumbiere, un kä Gans un kä Zickelje, 
do hammer doch noch soviel, daß mr e Schweinsmaae kaafe kinne, dann fille un brohde 
mr denne, das ſchmeckt aa nit ſchlecht! Nievohr?“ 
Und Fritz nahm seine so altmodisch zufriedene Durdel um den Hals, gab ihr einen 
Kuß und lachte: „Du biſcht doch ämol mein guddi Aldi! Jaa, wann ich dich nit hätt'....1“ 
.
	        
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