Saarkalender für das Jahr 1929
Von der 7. Tagung der Saarvereine in Würzburg.
13. und 14. AuguſÊſt 1927.
Don A. 3.
Würzburg, freundlich gebettet im rebenreichen Maintal, Natur, Geschichte, Kunst und
Wissenschaft weben um dich ein schillernd buntes Band so reizvoll, daß sich kein Gemüt
deinem Zauber entziehen kann. Und doch bleibt das edelſte der ehrwürdigen Wein- und
Muſenstadt die liebenswürdige Bevölkerung, ihr treuherziges Fühlen mit dem Schicksal
unglücklicher deutscher Brüder. Unter dem Eindruck all’ der Schönheiten unserer Väter
Baukunſt wandere ich wie träumend durch die wohlhabende, saubere Stadt, den wirtschaft-
lichen und wissenschaftlichen Mittelpunkt des fränkischen Maingebiets. Durch den Sinn
gehen mir die Worte des Minneſängers Conrad von Würzburg:
„Ein stat lit im Frankenland,
Wirceburg iſt sie genannt,
Mit richer Kunſt erbawet wol,
Ruhmes und Ehren iſt sie voll.“
„Ruhmes und Ehren iſt sie voll“ auch heute, schon in der Art, wie die Bürgerschaft
uns ihre Teilnahme zeigte, die im vereinten nationalen Pulsschlag die Herzen höher
schlagen ließ. „Das Saargebiet will heim!“ Dies Kernwort der Tagung rief Hunderte von
Heimatgenossen in die alte Biſchofsſtadt. Ein ergreifendes Wiederſehn! Wie brannte
Hand in Hand nach langer, banger Trennung! Seltsam bewegt ein jeder. Erſchütternd
hören wir vielfach von dem Schicksal unserer Verbannten, die sich unter tausend Sorgen
und Mühen eine neue Eriſtenz geschaffen. Sie eilten herbei, die Sehnsucht trieb sie, ein
Zeugnis rührender Heimatliebe.
Gemeinsames Leid, gemeinsame Liebe bindet; eine seltſame Mischung von Wehmut
und Freude beherrſcht alle. Sie weilen unter uns, denen wir so dankbar ſind für ihre
Misſſionsarbeit im Reiche um die mehr als tauſendjährige deutsche Baſtei an der Weſt-
grenze. In seiner vornehm ruhigen Art leitet das Ganze der um uns ſo verdienſtvolle
Vorsitzende der Saarvereine, Senatspräsſident A n d r e s. Seine Schrift „G run dl ag en
des Rechts im Sa arg ebiet“ bleibt in der umfangreichen Saarliteratur anerkannt
die beſte Arbeit über die völkerrechtlichen und zivilrechtlichen Fragen des Saargebiets. Ein
ſcharfsinnig, juristisch hervorragendes Werk und damit ein Verdienſt um uns, dessen wir
in lebhafter Dankbarkeit gedenken.
Festlich feierliche Begrüßung der Stadt in Ton und Wort und dann rauſcht und
ſprudelt in flammenden Reden unter jubelndem Beifall ein Quell herzerfriſchender saar-
ländiſcher Bekenntnisse. Grenzmarktreue durchzittert all, Haß und Liebe eines
gequälten, unterdrückten germaniſchen Volksteils.. Wieder und wieder klingen die
Fündenden Ansprachen aus:. Das Maß ist voll, zurück zum Reich, das Saargebiet
will heim! !
Verwaltungsdirektor Th e o d or Vogel tritt auf. Er iſt es, d er in mehr als
hund ert Städten die Heimatgenoſsſsen geſammelt und in Saar-
vereine zuſammengef a ßt h at. Sie ſind die Brennpunkte, von denen Auf-
klärung über das Saarrevier in alle Gaue hinausſtrahlt. Wie bitter notwendig dies
Ö iſt, wissen wir alle leider nur zu gut. Beifall begrüßt den Redner. Er läßt das
umfangreiche Sündenregiſter unserer Widersacher in packenden Bildern an uns vorüber-
ziehen. Alle Schliche und Ränke ließen aber nur den trotzigen, wehrhaften Freiheits-
gedanken des Saartals emporlodern. Scharf geprägt, sauſt Schlag auf Schlag auf die
Angeklagten nieder, denen es lange, viel zu lange gelungen sei, die ganze Welt über
unsere Lage irrezuführen. Aber alle Machenſchaften würden ſcheitern an der schönsten
Tugend, der Treue des Reiches und der tapferen „Saar“. Er ſchließt:
Dich grüßt das übervolle Herz!
Und keiner iſt, der je vergißt
Heimat, Heimat, deinen Schmergz,
: Und du ewig unser biſt!
Ein Sturm der Begeiſterung iſt entfeſſeltl, wie ein Schwur der Hingabe an das
Heiligſte, unser Volkstum! Es sind Stunden der Erinnerung, der einmütigen inneren
Erhebung von ſolcher Kraft, daß kein Tag sie je verwiſchen wird.
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