Saarkalender für das Jahr 1929
Die Präsidenten der
ehem. Kgl. Preuß. Bergwerksdirektion Saarbrücken.
In schlichten schwarzen Rahmen hängen in zwei Reihen im Tirestoren-Sitzungssaal
des Bergamts die Lichtbilder der Vorsitzenden unserer Bergwerksdirektion ſeit 1816.
Unter ihrer zielbewußten Leitung wuchs der Saarbergbau aus kleinen Anfängen zu
einem gewaltigen Unternehmen, zu imponierender Größe empor.
Die Präsidenten waren: Sello (1816-1857). Kr au s e (1857-1861), S e r l o (1881
bis 1865), Bl u h m e (18651866), Wa g n e r (1866-1869), Ach en b a 2 (1869-1878,
Eilert (1878—1888), Na ss e (18881891), v. Ve l s e n (1891-1896), V o g e l (1896 bis
1900), Hil g er (1900-1905), Kr üm m e r (1905-1907), Cle ff (1907-1911), F u ch s
(1911 bis 17. Januar 1920).
Dem Geh. Oberbergrat Fuchs war es vom Schickſal beſchieden, nach dem Zusammen- -
bruch im Herbſt 1918 die Verhandlungen bei der Uebergabe mit den französiſchen Kon-
trolloffizieren zu führen. Bei dem Uebermut und der Unkultur dieser Herrſchaften, in
dem durch die Arbeit gebotenen Umgang mit ihnen war er gezwungen, den Leidenskelch
bis zur Hefe zu leeren. Nichts blieb hierbei dem Präsidenten erſpart. In dem Gebäude,
in dem er neun Jahre lang gewirkt, wurde Geheimrat Fuchs mit den wenigen ihm ver-
bliebenen Beamten durch eine uns allen völlig fremde Taktloſigkeit von einem Amts-
zimmer ins andere verwieſen. Schließlich landeten ſie in Küchen, Speiſekammern und
Bedienstetenräumen. Das war die Tat hervorragender Vertreter einer bekanntlich an
der Spitze der Ziviliſation marſchierenden Nation.
Es folgte die Verbannung der Häupter der deutſchen Behörden aus dem Saargehiet.
Auch der Präsident der Bergwerksdirektion mußte unsere Heimat verlaſſen. Er siedelte
im August 1920 mit der ein Jahr vorher gegründeten Abwicklungsſtelle nach Kreuznach
über. Doch auch hier sollte er zu ersſprießlicher Arbeit keine Ruhe finden. Er und sein
Stab zogen es bald vor, nach Bonn zu gehen. unter Ernennung zum Berghauptmann
übernahm er dort erfolgreich die ſchwierige Leitung des Oberbergamts.
Einige Zahlen mögen noch zu feſſelnden Vergleichen anregen. Im Jahre 1816
förderten 917 Bergleute 100 700 Tonnen, im Jahre 1913, alſo dem letzten vollen Jahre
vor dem Kriege, 51 648 Bergleute 13 103 136 Tonnen, wohlgemerkt ohne die Gruben
Hoſtenbach, St. Ingbert, Bexbach und Frankenholz. Nicht ſprunghaft, aber stetig ging
es aufwärts. Feiersſchichten, wie sie jetzt leider an der Tagesordnung sind, waren selten,
Arbeiterentlassungen zu tauſenden gab es überhaupt nicht. Die Siedelung wurde nach
wohlwollenden Grundsätzen betrieben. Durch das Bauprämienſyſtem wurden ſeit 1842
bis kurz vor dem Kriege 7858 Häuſer gebaut und Eigentum der Bergleute.
Die heutigen Bergherren bauen auch Häuſer, aber ſie vermieten die Wohnungen, und
leider wird dabei oft politiſche Proſelytenmacherei betrieben. Ueber die jammervolle -
heutige Lage der Bergleute braucht man an dieſer Stelle kein Wort mehr zu verlieren.
Die Politik rücksichtsloſer Ausbeutung iſt und bleibt Trumpf. Die Menſchlichkeit
erscheint geäfft, das Ganze nur ein Geldgeſchäft. Haß und Geldgier ſind die Triebfedern
in allem Tun. Es ist der Geist Poincarés, der herrſcht. Nicht mit Unrecht hat man
daher von gegneriſcher Seite das Bildnis des unseligen Staatsmannes im Sitzungssaal
des Bergamts erscheinen laſſen, als Symbol französiſcher Politik, des Syſtems der Unter-
drückung und brutalen Unrechts. E. P:
147