Full text: 7.1929 (0007)

Saarkalender für das Iahr 1920 
  
Hubbes und ich an der Beresina. 
Von Bäckermeister Adolf Bobbert-Saarbrücken. 
An der Beresina iſt schon manches passiert, was mit ehernem Griffel in die Tafeln 
der Weltgeschichte eingeratt worden iſt. Ihr wißt doch, wie man dort dem ersten 
Napolium mitgespielt hat, dem die Kosaken ordentlich ans Leder gingen. Ihr habt 
doch auch schon von dem Schneider von Pensa gehört, der auch an der Bereſina herum 
seinen Skat gekloppt hat und dann im Verlaufe kriegeriſcher Handlungen berühmt 
geworden iſt. Nun will ich weder mich noch meinen Freund Hubbes aus der . . . . ſtroß 
mit dem erſten Napolium oder dem Nadelmeister irgendwie in Parallele setzen und den 
Anspruch erheben, von der Weltgeschichte glorifiziert zu werden: aber Tatsache iſt, daß 
wir zwei ausgekochte Spreben als anerkannte Sonntagsjäger und Mitglieder des Tier- 
ſchutzvereins einer Bande von Wildschweinen an dieser hiſtoriſchen Beresina erfolgreich 
zu Leibe gerückt sind. Und das soll mal einer nachmachen, solange es keine Sonntags- 
karten nach der Beresina gibt. 
. Ich sehe heute noch die verdutzte Viſaaſch meiner Ordonnangzg, als sie mir so beiläufig 
in die Bude rief, daß am Hohezolleregraawe e Haufe Wildſsauwe gesiehn worr sinn und 
ich sofort den dienstlichen Befehl zum Anschluß an eine Jagdexpedition gab. Ich hatte 
als oberſter Küchenchef für das leibliche Wohl und Wehe meiner Kompagnie zu sorgen 
und wäre in den mageren Jahren an Elefanten und Brontoſauruſsſe herangegangen, wenn 
nicht nach Brehm das Fleiſch dieser Ungeheuer für den menſchlichen Genuß als unbrauch- 
har heztse! werden müßte, und es der Küchenbesatzung im übrigen auch an S. K.- 
unition fehlte. 
Obwohl die vereidigten Sachverſtändigen des Kriegsernährungsamtes das von mir 
auftragsweiſe bereitete Stacheldraht- und Rübenzeug für genügend vitaminhaltig er- 
klärten, mußte ich die Speisekarte abwechslungsreicher zu gestalten versuchen. Hatte 
ich doch in der Hauptsache Saabrigger Grageehler zu befriedigen. 
Also mobilisierte ich meinen Freund Hubbes, der sonst besser mit dem Hobel umzu- 
gehen versteht, und zog mit ihm und der verdrießlich grunzenden Ordonnanz in Nacht 
und Schnee von dannen. 
Zittert, elende Wüſtlinge 
der beresianiſchen Steppe! 
I< 
Drei Doppelfuſel aus den eisernen Kompagniebeständen hatten wir zu uns genommen 
und damit die Feldflaſchen gefüllt, um in bewährtem Offensivgeiſt den Bestien ins 
wilde Auge zu ſchauen. Proben an der kleinen Plempe ergaben, daß sie gut geschmiert 
war und als letzte Rettung herausgebracht werden konnte. j 
Bsſsssſdo!! + Ein infernaliſcher Geruch stieg mir in die Nase, als wir nach einer 
halben Stunde eine Waldlichtung erreichten und auf dem Boden wildsauartige Spuren 
fanden! Nicht umsonst hatte ich in meiner Jugend Winnetou und Old Shatterhand 
ſtudiert. Die Ordonnanz bestätigte wimmernd, daß wir am Kampfplatz waren. Puh — 
lag hier nicht das Gerippe einer Kuh? Bîsſſſſsd, ging es in einem Loch in Stellung, um 
die vierbeinige Saubande abzuwarten. Ich verlas die Kriegsartikel und das Exrerzier- 
reglement und appellierte an den Mannesmut der braven Soldaten, die für ihr Vater- 
land und ihren Magen alles zu tun bereit sein müßten. Ich verwies auf Beispiele in 
der Geschichte. Hatte es den gewünſchten Erfolg? 
„Du, Adolf, ich hann geheerd, die Wildſaue hädde voore ä Horn uff dr Schnauz!“ 
„Dirmel, hannse dr nidd noch verzeehld, sie dädde hinne odeme wie die Wolfssſchlucht- 
wildſau bei Bömiy im , Freiſchütz“ ?“ 
„Wenn so e Vieh wiedich wird, kenne se ihr beſchde Freinde nimmeh.“ 
„Jo, jo, es soll mol äner vunner Wildſau um e Baam erum gejahd worr ſinn. 
Zuledſschd hattsene verwidſchh un haddem de Bauch uffgeritzt.“ 
„Han mir e Gligg, daß kä Baam in der Näh is.“ 
143
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.