Saarkalender für das Jahr 1929
Zeittafel zur Geschichte des Saargebietes
vom 1. Juli 1927 bis 30. Juli 1928*).
Zuſammengestellt von A. 3
5.
7.
Juli 1927.
. Iuli: Klagen in der Preſſe über zunehmende
Haldenbrände, deren Rauch in den nahegelegenen
Ortſchaften die Luft verpeſten. Die großen Berge-
halden bei Göttelborn und im Kohlbachtal ſind in
Flammen gehüllt. – Der Stadt Saarbrücken
ſtehen 58 Mill. Franken an Steuern für den
ordentlichen Haushaltsplan zur Derfügung. – Am
1. Iuli zählen Seelen: Saarbrücken 125 545,
Merzig 10 150, Mettlach 7822, St. Ingbert 20 791,
Tholey 7618, die Bürgermeiſtereien Friedrichsthal-
Bildſtokte 15 097, Illingen 18 454, Püttlingen
19 856, Dillingen 13 606, Sulzbach 24 394.
Juli: Ueber die ſtets zunehmende Derunreinigung
der Blies, die große Nachteile für die Fiſcherei,
den Ertrag der Wieſen uſw. mit ſich bringt, wird
lebhaft Klage geführt. Die Hauptſchuld trägt die
franzöſiſche Bergverwaltung, die wenig oder nichts
tut, die Grubenabwäſſerung zu klären. Die
Leiden des unteren Bliestales ſind dadurch un-
erträglich geworden. – Weihe des Kriegerdenk-
mals in Schwarzenbach.
Juli: Zum Kohlenraub der Franzoſen an der
lothringiſch-ſaarländiſchen Grenze erklärt eine
Note der Regierungskommiſſion, der Verſailler
Dertrag geſtatte Frankreich die Ausbeutung der
Kohlen des Saarreviers, jedoch ſei dies nur für
die Zeit der Beſetung zu billigen.
. Juli: Gymnagialdirektor Prof. Heinrich Neuber tf
in Ohligs nach Dollendung des 75. Lebensjahres.
Leiter des Ludwig-Gymnaſiums von 1900-1919.
Seine deutſche Geſinnung machte ihn den Fran-
zoſen verdächtig, die den 67jährigen unter militä-
riſcher Bedeckung auf das rechte Rheinufer bringen
ließen und verbannten. – Im Landesrat ſtellt
Abg. Schmelzer eine Reihe von peinlichen Fragen
an die Regierungskommiſssion. Es heißt da u. a.
ob es richtig ſei, daß die Regierungskommiſssion
eine Kaſerne reſerviert halte für die durchreiſen-
den Truppen der Rheinarmee, ob es ferner Tat-
ſache ſei, daß die der Regierungskommiſſion
unterſtellte Bahnſchutztruppe größere militäriſche
Uebungen abhalte (Schießübungen uſw.). Zur
Detternwirtſchaft: „Iſt es wahr, daß der Leut-
nant Ameil nach Abzug der Truppen zum Ober-
regierungsrat befördert worden iſt?“ Kedner
ſagt, er würde dies nur als groben Mißbrauch
einer diktatoriſchen Gewalt bezeichnen können. –~
Fraulautern führt Klage über die Verpeſtung
des Ortes durch den Brand der Halde bei Schacht
Duhamel. Die Bergverwaltung vernachläſſigt
durchgreifende Maßnahmen. – Im Haushalts-
ausſchuß des Reichstages wird die Fortſetzung
der Unterſtütungsaktion für die Saargänger ab-
gelehnt, jedoch die Freifahrt von den Wohn-
*) In den vorhergehenden Iahrgängen des Saar-
kalenders ſind über 1500 Daten aus der Geſchichte
des Saargebietes feſtgelegtt vom Iahre 600 bis 1927.
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9.
.: Juli:
ſiten zu den Arbeitsſtelen vom Reiche für 1927
an die Saar- und Elsaßgänger zugestanden.
Juli: Die Freiwillige Feuerwehr der Bürger-
meiſterei Sulzbach begeht die Feier ihres S50jäh-
rigen Beſtehens. – Mitteilungen der Stadt Saar-
brücken iſt zu entnehmen, daß die Stadt 1,7
Millionen Dollar langfriſtige und 860 000 Dollar
kurzfriſtige Schulden verzeichnet. Hinzu kommt
die kürzlich . abgeſchloſſene Anleihe in Höhe von
3 Millionen Dollar. Der Anleihebedarf der
Stadt i. I. 1927 belaufe ſich auf 104 Millionen
Franken. 60 Millionen Franken ſeien für den
Wohnungsbau vorgeſehen, bewilligt ſeien bereits
9 Millionen für Bauktredite.
Die Vereinigten Vopelius-Wengtelſchen
Glashütten errichten in der Nähe von St. Ing-
bert ein Denkmal für die im Weltkriege ge-
fallenen Angehörigen ihrer Betriebe. – 16. Der-
bandstag der Freiwilligſen Feuerwehren des
Kreiſes Saarbrücken. Im vergangenen Jahre
Hat die Stadt Saarbrücken 239, Saarbrücken-Land
56 Brände zu verzeichnen. Der Derband um-
faßt 66 Wehren mit 3019 Mitgliedern. – Der
engliſche und belgiſche „Bahnſchutz“ erſcheint in
Saarbrücken. Die Engländer beziehen die
Ulanenkaſerne, die Belgier die Kaſerne der T70er.
Die Regierungskommission erklärt, die Bahn-
ſchutztruppe habe die Sonderſtellung der Exterri-
torialität, ſie kann alſo bei Zwiſchenfällen vom
deutſchen Gericht nicht verurteilt werden. Die
Exterritorialität ſteht nicht im Einklang mit dem
Beſchluß des PVölkerbundsrats über den ſog.
Bahnſchutz.
. Iuli: Nach dem Saarbrücker Verwaltungsbericht
1926 wurden in dem Jahre 513 (496) Wohnungen
mit 2280 (2123) Wohnräumen und außerdem 78
(66) Einzelwohnräume geſchaffen.
. Juli: Der erſte Vorſitzende der Zentrumspartei
des Saargebiets, Sanitätsrat Dr. Iordans, an
Herzſchlag verſchieden in einem Alter von 62
Jahren. –~ Das Licht-, Luft- und Sonnenbad
am Schwarzenberg eröffnet.
. JIuli: Schwere Anklagen gegen die franzöſiſche
Bergverwaltung werden in Hühnerfeld erhoben.
Der von Grube Brefeld aus betriebene Raubbau
verurſacht Riſſe und Senkungen in einer größeren
Reihe von Häuſern, ohne daß die Franzoſen die
energiſche Behebung der Mißſtände betreiben.
. Juli: Aus dem Haushaltsvoranſchlag des Saar-
gebiets für 1927: Geſamthaushalt 403 232 037 Fr.,
40 Millionen mehr wie im Vorjahr. –~ Die Ge-
hälter der Mitglieder der Regierungskommiſſion
betragen 825 000 Fr., die ſachlichen Ausgaben
ſind mit 327 735 Fr. eingeſeßt. Der Präſident er-
hält 225 000 Fr., alſo ein höheres Gehalt als der
Miniſterpräſident von Preußen bei einer Be-
völkerung von 40 Millionen, die einzelnen Mit-
glieder 150 000 Ir. Gehalt. ~ Haushalt der Zen-