Saarkalender für das Jahr 1928 -
19. Ein Arbeiter hat infolge falſcher Berechnung Krankengeld zu viel erhalten. Tie
Rückzahlung wird angeordnet. Daraufhin schreibt die Frau des Arbeiters an die Eiſenbahn-
direktion, daß eine Rückzahlung unmöglich sei. Zum Schluß bringt sie folgende Rede-
endung: oivetéhrte Herrn! Denken Sie daran. Wehe, wehe, wenn Sie am jüngsten
Tage vor den höchsten Richter treten müssen.“
20. Aus einem Schuldanerkenntnis. Ein Hilfsſchaffner wird zu 15 Fr. Schadenerſatz
herangezogen. weil er
„am 7. 10. 25 in einem Rangierbezirk einen Prellbock verſchoben hat.“
21. Bei den Fliegerangriffen im Jahre 1917 wurden auch die Inneneinrichtungen von
Dienstwohnungen mehr oder weniger beſchädigt. Am 23. 10. 1925, alſo nach acht Jahren
wird eine Rechnung mit folgender Begründung vorgelegt:
„Eine Abortschüssel für die Wohnung des Eiſenbahnsekretärs X, an Stelle einer
durch Bombenwurf gesprungenen, jetzt durch die weitere Benutzung nicht mehr
reparaturſähigen, geliefert.“
22. Der Verbleib der Verpackung wird wie folgt bescheinigt:
„Die Kiste war minderwertig und wurde zum Erwärmen des Kaffees verwendet.“
23. Einer Unstimmigkeit in einer Lohnrechnung wird wie folgt nachgegangen:
„Es iſt auffallend, daß die dorligen Scheuerfrauen in letzter Zeit wiederholt!
uneheliche Kinder gebären. Liegt das im Dienst begründet oder ſind die dortigen
Verhältnisse daran schuld ?“
DO
Guter Appetit.
Unter den ,, Eckenſtehern“ ſpielte früher „die Dotſch“ und ,die Bunz“, trotß des weiblichen Artikels
männlichen Geſchlechts, eine erhebliche Role im Saarbrücker Buweläwe. Als ,die Bunz“ noch in jugendlichen
Mannesjahren ſtand, zeichnete ſ1ch dieſer Gelegenheitsarbeiter durch große Körperkraft und einen dem-
enlſprechenden Appetit aus. Als ich ſeine werte Bekanntſchaft machte, war die „Bunz“ nur noch ein Schatten
ſeines früheren Ich, doch erzählte mein ſeliger Dater, ebenfals ein eingeborener, ein ,,alldahieſiger“
St. Johanner Bürger, mir öfter aus Bunzens Jugendzeit merkwürdige Freßkünſte. Bunz war einer der
wenigen Arbeiter, die einen ganzen Tag lang ſchwerſte Laſten, Zweizentnerſäcke und ähnliche ,„gewichtige“
Sachen in die Saarſchiffe zu tragen vermochten, und das brachic mitunter viel Geld, anderthalb bis zwei
Taler pro Tag im Akkord ein, em koloſſaler Tagesverdienſt für einen „ungelernten“ Arbeiter damals vor
jett rund 80 Iahren und länger. Aber das Geld ging für , Freſſalien“ nebſt der zugehörigen, nicht zu knappen
„Unfeuchtung“ drauf. Hatte die Bunz ordentlich „.ſe Naacht geß“, ſo war cs keine Seltenheit, daß er ſich noch
(dumals war erſt 10 Uhr abends Ladenſchluß) einen ,,däftigen“ Ringel der beliebten „Sawwelatwirſcht“ kaufte,
ſo für 10 bis 15 Groschen, und dieje ſachte im Bett ,verdrückter, um ſich dann erſt den ſüßen Schlaf des
Cerechten zu leiſten.
Seiner Mutter entwendete er einſt zu Faſtnacht aus ihrem , Üauerſchrank“, wo ſie ſelbige gut verwahrt
giaubte, das ganze, reichliche Or antum Faſtnachtsküchelchen, welches sür die Familie hatte reichen ſollen, und
aß die guten Dinger ſo nebenbei in einem bis zwei Tagen auf.
Das netteſte Stückchen, welches von „der Bunz“ erzählt wurde, iſt ſolgendes: Es kam in einem St. Iohanner
Wirtshaus zur Fopperei über den ſtadtbekannten Appetit der guten „Bunz“ zwiſchen ihm und einem
Herrenſohrer Einwohner. Der Zank ſpielte ſich auch darauf hinaus, daß , in Herrnſohr nix los wär’ un dic
Bergleit' dort nix ſe freſſe hädde.“ Das ließ ſich der Herrenſohrer nicht gefallen und behauptete, ,allän vun
dü Eier, die wo die Herrenſohrer Hinkele an änem Dag leje dähte, kinnd die Bunz lang zehren“.
„Was? Lang zehre? Was nennen Ihr lang? Ich gehn mit Eich die Wedd’ in, daß ich all eier Eier bis
uſf's Neſchd-Ei in de Herrnſohrer Hinkelsſtäl glatt an änem Dag packe! Wammer jetze gleich enausgehn,
bo ſin ich garandiert vun Haus zu Haus met all dä Eier ſpädſchdhens bis am sechs Uhr heid Owend fertig!“
Hier muß bemerkt werden, daß der „Weiler“ oder ,die Kolonie“ Herrenſohr damals noch sehr klein war.
Schön Vor Mittagszeit kam man in Herrenſohr an, denn die Begegnung in der Kneipe hatte ſchon an
einem Markttag-Dormittag ſtattgehabt. Die beiden Wettenden gingen von Haus zu Haus und kauften die
jeweiligen Eierbeſtände der Hühnerſtäle auf. Einen Teil trank ,,die Bunz“ roh aus, ſachkundig mit der
Spitze des Taſchenmesſſers zwei Löcher in die Eier bohrend. Der Reſt wurde, teils weich gesſotten, teils zu
Rührei verarbeitet, mühelos nebſt einem „Hewwel“ Brot von dein Saarbrücker Sackträger vertilgt. Alles in
allem waren's 62 Eier.
„Das war aa dr Mieh wert, ähm for die paar Eier do enaus ſe ſprenge,“ meinte der Freſſer. ,„Mei
Wedd han ich gewunn un Ihr dir Eier bezahlt, awwer das is kä Geſchäft for e Aarwetsmann!“ Dr. W. M.
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„Uns fehlt ein Nationalzuchthaus und eine gemeinsame Peitsche! :
Heinrich Heine.
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