Saarkalender für das Jahr 1928
Die alten Schauſpielhäuſer Saarbrückens.
Der Ludwigsberg bei Saarbrücken muß am Ende des 18. Jahrhunderts eine höchſt
merkwürdige Schöpfung gewesen sein. Von ihr erzählen uns eine stattliche Zahl Minia-
turen, dic ehemals Knöpfe einer Jacke waren, die die Gräfin von Ottweiler, alias Gänse-
gretel von Fechingen, trug. Hofmaler Dryander hat um 1790 diese winzigen Bildscheiben
fein ſäuberlich auf glattes Elfenbein gemalt. Alle möglichen Dinge sehen wir auf ihnen
dargestellt, Ausschnitte aus den Parkanlagen des Ludwigsberges, Gartenhäuser, Gedenk-
ſteine, Türme, Brunnen, Ruinen, ein buntes Gemiſch seltsamer Architekturschöpfungen,
oft lächerlich in ihrer empfindsamen Sentimentalität. Von den Bauten des fürstlichen
Gartens iſt nichts mehr vorhanden. Auch die Knöpfe sind weg. Irgendwohin nach
Amerika verſchleppte man sie in der Zeit der Inflation.
In dem reichen Nachlaß des Malers Dryander fanden sich aber noch einige Bleiſtift-
ſtudien, die als Unterlagen für die erwähnten Miniaturen zu gelten haben. Eine von
ihnen trägt den Vermerk: ,Das Th eat er auf d em Lud wig s b e r g“. Wir sehen
auf der Zeichnung links und rechts, von klassiziſiſtiſchen Säulen eingerahmt, eine Dorf-
ſtraße. Bauernhäuſer und eine Kapelle reihen sich aneinander und werden im Hinter-
grunde von einem Waldsaum abgeſschloſſen. Dieses Theater iſt nur als Freilichtbühne
zu verſtehen, Hintergrund für die Aufführung der damals so beliebten ländlichen Stücke,
Schäferspiele. Man liebte ja die „Natur“, ſchwärmte für sie und in ihr, wollte sie nach-
ahmen und ſchuf doch nur lächerliche Zerrbilder.
Bisher unbekanntes Bild vom Freilichtthe at t >:
des Fürſten Ludwig v. Naſſau-Saarbrücken auf dem Cudwigsberg.
Fürſt Ludwig ist der Schöpfer des Ludwigsberges. Er liebte das Theaterſpiel ganz
ausnehmend. Nicht weniger denn drei Stätten ſchuf er zu seiner Pflege in Saarbrücken.
Keines iſt uns erhalten geblieben. Zu bedauern iſt vor allem die Zerſtörung des großen
1786-87 erbauten Schauſpielhauſes. 1793 ging es, durch die Franzoſen angezündet. in
Flammen unter. Knigge schreibt: „Außer dem kleinen Schauſpielſaale, der im Schlosse
iſt, hat der Fürst noch ein sehr geſchmackvolles großes Comödienhaus in der Stadt zu
diesem Gebrauche erbauen lassen.“ Ueber diesen Bau iſt bisher wenig bekannt geworden.
Außer den Bauakten fehlte bisher jegliches Bildmaterial. Die Suche nach den Arbeiten
des Johann Ludwig Lex brachte aber kürzlich neben anderem Dokumentenmaterial eine
Zeichnung ans Tageslicht, die uns in genauer Darſtellung die Fassade des Saarbrücker
R ouispienhoufes zeigt. Es lag in der heutigen Kronprinzenſtraße in der Nähe der
DTragonerkaſerne.
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