Saarkalender für das Jahr 1928
„Gott ſei's getrommelt und gepfiffen !‘(
Von A. Z.
Einige neuerdings aufgefundene Briefe
der letzten, unglücklichen Fürstin von
Nass au-Saarbrücken, der sanften und edel-
mütigen Wilhelmine Eleonore, geſtatten
einen eigenartigen Blick in das Hofleben
eines hochfürſtlichen Bruders Lliederlich,
Serenissimi Ludwig. Allen rein äußerlichen
Freuden in derber Lebensluſt zugetan, war
er auch in seinem Eheleben ein nicht gerade
leuchtendes Vorbild, das Gegenteil trifft zu.
Er feierte zwar mit großem Pomp und unter
allgemeiner Teilnahme die Verbindung mit
der Prinzeſſin Wilhelmine Eleonore von
Schwarzburg-Rudolsſtadt, aber die Aermſte
erlebte bittere Enttäuſchungen, sie hat in
ihrer Lz. keine Roſen gefunden, Dornen
nur zuviel.
Der flatterhafte Gemahl bändelt bald mit
einem Fräulein von Dorsberg an, lernte
dort ein blutjunges Dienstmädchen kennen,
zappelt sofort in deren Netzen und macht
das Gänsegretel von Fechingen zur Gräfin
von Ottweiler, später sogar nach Eleonorens
Heimgang zu seiner besseren Hälfte, die sie
in der Tat durch ihre Lebensklugheit auch
gewesen iſt. Die Fürſtin Eleonore wird auf
das Halberger Schloß verwiesen, richtiger
wohl, verbannt. 's Gretel sitzt im Schloß
auf dem Ludwigsberg und lebt dort wie der
Mann im Evangelium ,herrlich und in
Freuden“. Leonorens Anwesenheit in Saar-
brücken isſt stets unerwünſcht und wird
hintertrieben, 's Gänsegretels Rauſchen auf
dem Parkett des Saarbrücker Fürſtensitzes
jederzeit willkommen. Die robuſte, schlaue
Herrin vom Ludwigsberg weiß ihrem ver-
liebten Galan Luſtig Gelder in Hülle und
Fülle zu entlocken, die zarte, kränkliche
Fürstin sitzt dagegen meist in fataler Geld-
not und muß bisweilen, wie wir jetzt aus
ihren Briefen erfahren, ihren Kammer-
diener anpumpen. Gelingt es ihr aber,
ihren Staatshaushalt ins Gleichgewicht zu
bringen, so iſt sie voller Freude und ſchreibt:
„meine Caßa geht gut, Gott ſei's
getrommelt und gepfiffen!“
Ihren Kammerdiener, den sie Lauſipus
nennt, behandelt sie wie einen lieben Ver-
trauten und Freund, gibt ihm ſchmeichel-
hafte Namen, nennt ſich „dein liebes Prin-
zeßchen“ und ihn ihren „Juriften“ uſw. Schon
die Anreden zeugen von Liebenswürdigkeit
und freundlicher Gesinnung. Es heißt da in
einem Brief aus dem Jahre 1777:
An den grad denkenden und krum gehen-
den H. Lauſipus. „Nun füge ich meinen Neu-
jahrswunſch kritzelnd hinzu, der Himmel
wolle meinen alten treuen ehrlichen Lauſi-
pus, wo nicht geſunde und gerade Knochen,
doch sonst Geſundheit und frohen Mut er-
halten, daß Eleonore noch lange ihren guten
Krüppel behält. Amen. den 31 x brier
Ein Brandbrief vom Herbſt 1778
iſt sicher nach seiner ganzen Faſſung
und dem Weglassen vieler Interpunk-
tionen in Aufregung geſchrieben, er
lautet: ,Die arme Eleonora hat einen
großen Stein auf dem Herzen liegen, weil
sie ihrem treuen Juristen soll etwas beich-
ten; ach aber – was ein Stoß in die
Schattkammer. Ach theuerſter Gerhardus
Eleonorens Jurisſter; schaff er mir doch
noch heute aber ohne Fehl er soll es auch
schon einmal in künftj decembre erfahren;
ach ich darf es nicht sagen, verzeihe er es
und geschwind heraus mit! Ich hab auch
recht viel Hochachtung vor ihm aber noch
zehnmal mehr wenn er mir heut abend
ohne Fehl 15 oder 18 Louis d'or ſcbaffen
thut. Wenn er wüßte mit wie viel unge-
dult ich dies erwarte. Es iſt vor kein
Tändeley oder Hisper oder Metzgen. son-
dern ein christlich Werk: Ohne Fehl er-
warte ich es aber keine Vorwürfe. Ich
bleibe mit viel Erkenntlichkeit vor die
Mühe und treue Sorgfalt
die kleine Verſchwenderin
Confusionibus Eleonore.“
Hoffentlich hat Lauſipus irgendwie dre
nöligen Goldstücke auftreiben können und
seiner Herrin „ohne Fehl“ geholfen. Wer
könnte denn auch so flehentlichen Bitten
widerstehen! Uns amüsiert bei der Ge-
schichte vornehmlich die Tatsache, daß hier
eine Fürstin auf dem Thron ihren Kammer-
diener anpumpt. „Dieses aber scheint mir
ein ganz besonderer Fall zu sein.“
's Gänſsegretel, die allmächtige Neben-
buhlerin, sorgte auch wohl dafür, daß die
Fürstin nicht ins Saarbrücker Schloß
durfte. In einem Brief vom 10. Juni 1777
an den Kammerdiener ſchreibt Eleonore:
„Alle meine ſchönen Hoffnungen sind zu
Waſsſer geworden. Man will mich nicht in-
vitieren. Man will mich nicht, alſo bin ich
auch préceieuse und mache mich kidre (stolz).
Wenn man mich nicht will, oha, da soll man
mich gewiß auch nicht kriegen. Die Ehre
sollen sie nicht haben. Du glaubſt das nicht,
wie bös ich bin . . . . . . Sodann wird auch
.