Saarkalender für das Jahr 1927.
Aufnahme von K. W.
Aus der Saarbrücker Fürſtenzeit.
Die JZehntenſcheuer am Rastphul. Wegen Baufälligkeit 1907 niedergelegt.
Die alte Zehntſcheuer.
Von CT. Schumann, Schreinermeiſter, Saarbrücken.
Ich weiß nicht, wieviele Zehntscheuern
unſere alte Grafschaft umſschloß, diejenige
aber, die wir hier im Bilde vorführen, stand
draußen, maleriſch von uraltem Efeu um-
rahmt im Talgrunde des Raſtphules und
war beſtimmk, den „Martinshafer“ oder
„Jehnten“, d. h. den zehnten Teil der Eritke
tzes jeden Köllertaler Bauern aufzu-
nehmen.
Man muß nicht annehmen, daß das so
ganz genau mit dem Zehnten (wovon
übrigens unser Wort ,Zinsen“ abgeleitet ist)
abgezirkelt worden wäre, womöglich die Er-
trägniſſe auf der Goldwage gewogen und
man nun auf Milligramm errechnet, den
zehnten Teil davon auf Treu und Glauben
abgeliefert hätte. Iedermann wurde damals,
wie auch heute, noch ,geſchätzt“, und zroar
durch Gerichtspersſonen, die, selbſt Bürger
und Bauern, in engster Fühlung mit ihren
Landsleuten stehend, deren Einnahmen ziem-
lich richtig kannten und selten wohl zu einem
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Fehlurteil kamen. Außerdem war die
Zehntelabgabe ein so geringes Maß an
Steuern, daß wir Heutigen, die wir erhaben
über ſo etwas unsere Nase rümpfen, froh
sein könnten, wenn wir mit der Abgabe von
10 Prozent unseres Gesamteinkommens ge-
ſchoren und gebürstet wären. Wir könnten
ohne Murren auch noch die, allerdings un-
gerechten, immerhin aber minimalen Neben-
laſten, die die damaligen Bauern auch noch auf
ich nehmen mußten, ganz vergnügt tragen.
c< meine, als es noch gerecht zuging, der
Graf noch der Grave war, d. i. der Graue,
der Alte, wie man den Meister oder Vor-
steher heute noch nennt, und eigenllich nichts
zu sagen halte.
Später allerdings, als aus dem Grauen
der Graf wurde, ein Titel, dem a1iemand
einen rechten Begriff unterzuſchieben in der
Lage war, so daß sich viele der Herren, nm
ihren Mitbürgern gegenüber diesem vallig
inhaltloſen Wort eine Stütze zu geben, nichk