Saarkalender für das Jahr 1927.
und dann KRichtung Saarbrücken abge-
schoben. Immer wieder mußten wir aber
die Bahn verlaſſen, Truppentransporte
vcrhinderten das Vorwärtskommen. Bet
starkem Froſt hieß es marſchieren. Wieder
eine Strecke Bahn, wieder zu Fuß, viel
Hunger, verulkt, mit zerriſſenen Schuhen,
krank kamen wir 14 Tage ſpäter endlich
in Saarbrücken an. Die jämmerlichen Ge-
ſtalten, ihr Heulen erweichten die Herzen
der Eltern, die uns hoffnungsvolle Spröß-
linge in die Betten packten und mit
Kamillentee traktierten. Noch lange Zeit
waren die Teilnehmer an dem beabhſich-
tigten Schlachtenbummel nach Vlillerſexel
krank und elend von der Spritztour. Die
Strapazen und die ſchlechte Behandlung
auf dem Rückmarsch hatte uns aber von
pr ſzrer Kriegsleidenſchaft gründlich ge-
eilt.
Der „Band" bei Ffraulautern.
Von R. Rudolf Rehänek.
Wer kennt ſie nicht, dieſe ſchier endloſe
Sandwäüſte bei Fraulautern. So mancher
alte „80er“ oder auch „Ber“ wird heute
ſtq,!.it seife Serke
denken. Als in den 40er Jahren des
vorigen Jahrhunderts die Exerzierplätze der
immer ſtärker werdenden Garniſon von
Saarlouis nicht mehr ausreichten, tauſchte
der preußiſche Fiskus ein Stück Wald ober-
halb des „Schießſbandes“, rechts der Straße
nach Saarwellingen (heute schon längst aus-
gerodet und zu Ackerland verarbeitet)
§§tud? gücutegteri" Öüries Gotinke
ebenfalls vorher bebaut, wurde nun im
Laufe der Jahre durch die in Saarlouis
garnisonierten Kavallerie-Regimenter voll-
ständig aufgewühlt. So entstand allmählich
die „Sandwüſte"“. Der tweg zum
„Sand“ führte durch die Mühlenstraße und
über den Kreuzberg, wo eigens ein Weg
gv . Bb n s Egle:
durch zu ſtarke Benutzung ungangbar ge-
worden – jedenfalls sah sich der Herr
Ortsvorſteher im Jahre 1865 zu folgendem
Proteſt veranlaßt:
„Ich beehre mich ergebenst anzuzeigen, daß
die Soldaten seit einigen Tagen den Weg
über den Kreugberg verlaſſen und beider-
seits über eine Masse bestellter Felder mit
den Offizieren gegangen sind und ſsehr
großen Schaden angerichtet haben. Ich
bitte gefälligſt veranlassen zu wollen, daß,
nachhem dieſer Weg mit großen Koſten
hergeſtellt worden, diesem Uebelsſtande ab-
geholfen werde.“
Unzählige Schweißtropfen aber hat der
„Sand“ geschluckt, wenn unsere braven
Vaterlandsverteidiger in sommerlicher Hitze
hier eingepaukt bekamen, wo rechts oder
inks iſt, wie man die Beine zum richtigen
Paradeſschritt ſchmeißt. Aber auch glängende
Zeiten hat er geſehen, der „Sand“. Da
waren die prächtigen, farbenfrohen Ma-
növer, die hier ihr höchſtes Treiben ent-
salteten, und oft blinkten unzählige „Biwak-
feuerchen“ zum nächtlichen Himmel, die
vers. NH r HR
ſpensterhaft beleuchtend. Wie aber ſstoben
wir oft auseinander und ſuchten auf dem
„Räpler“ Schutz, wenn die Kavallerie in
luſtiger Attacke heranbrauſte. ~ Und noch
ein Tag iſt mir in Erinnerung ~+ als
wagemutige Pioniere der Luft hier eine
Parade abhielten: „Der Fraulauterner
Flugtag.“ Prächtig waren die Leiſtungen
der Bezwinger der Lüfte + trotz aller
Eggpkerigheiken. die ſich ihnen entgegen-
stellten. Steckte das Flugwesen damals
doch noch eigentlich in den Kinderſchuhen. ~
So vergingen die Jahre des Friedens, und
die Jahre des Völkerringens kamen. Dumpf
dröhnten die Sprengungen erbeuteter
Munition und haushoch türmten ſich die
Sandwolken – einen ſchaurig - ſchönen
Anblick gewährend. Aber auch diese Zeiten
vergingen und machten wieder friedlicheren
Platz. Der „Sand“ liegt nun meistens ver-
ödet da –] nur ab und zu tummeln ſich
unsere „Freunde“ von drüben hier, (1919/20
führten die Franzosen ihre farbigen Streiter
hierhin – waghrſcheinlich, um ihnen das
Heimweh nach ihren Wüſten etwas zu
dämpfen) der Bevölkerung ihren willigen
Geist der Abrüstung und Völkerverſöhnung
mit dumpf rollendem Geschützdonner kund-
gebend. Hoffentlich aber ist die Zeit nicht
mehr fern, wo fleißige Hände ſich hier
wieder regen in friedlicher Arbeit, zum
Wohl der Bevölkerung.
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